Vertrauen das trägt – Rechtfertigung bei Hans Küng

1. Einleitung: Zeit des Aufbruchs

Im Jahr 1948 betritt Hans Küng, ein kritisch republikanischer Geist aus der Schweiz, das römische Institut Germanicum, dessen Alumni an der päpstlichen Universität Gregoriana drei Jahre Philosophie und vier Jahre Theologie studieren. Das Germanicum wurde 1552 von Papst Julius III. gegründet und den Jesuiten mit dem Ziel übergeben, zur Überwindung der Reformation eine Elite von Theologen heranzuziehen. Ein Großteil der deutschen Bischöfe ist durch diese Kaderschmiede gegangen. In der Ausbildung ging es um Klärung, Profilierung und Systematisierung der römisch-katholischen Glaubenslehre. Als nach 1945 in Rom wieder intensive internationale Begegnungen möglich waren, wurde es zum Brennpunkt einer weltoffenen Theologie, die neue Strömungen begierig aufnahm. Dazu gehörten ein hohes Interesse an neuen philosophischen Impulsen, insbesondere am Existentialismus, ein geschichtliches Denken sowie ein interessierter ökumenischer Blick. Man wollte die Verhärtungen der Neuscholastik und ihrer strengen „Kontroverstheologie“ hinter sich lassen. Weiterlesen

Nicht heilig, sondern katholisch II

II. Nabelschau einer Konfession

„Vatikan bremst Bischöfe aus“, titelte die deutsche Presse. Einen Tag vor Beginn der Frühjahrskonferenz der deutschen Bischöfe in Augsburg (18.02.2024), sorgte ein Brief aus Rom für eine unerwartete Blockade. Zur Konstituierung des Synodalen Ausschusses, über den sich der “Synodale Weg“ im vergangenen Jahr geeinigt hatte, wurde kein Beschluss gefasst. Dieser Ausschuss hätte in aller Form eine erste verbindliche Kooperation von Bischöfen und Nichtbischöfen zu Reformfragen der Kirche in Kraft gesetzt. Diese römische Aktion führte unter Reformwilligen zu Entsetzen und Empörung, zu Recht. Doch dieser Eingriff konnte die Insider nicht wirklich überraschen, denn diese Blockade (man kann sie auch Ohrfeige nennen) folgte perfekt den Vorstellungen der exzellenten und eminenten Hardliner mit Wohnsitzen vor allem im Vatikan, ferner in Deutschland, schließlich auch in anderen Ländern bzw. Kontinenten. Allerdings haben sie keinerlei Unrechtsbewusstsein, wie ich hier zeigen möchte. Im Gegenteil, sie verteidigen schlicht die kirchliche „Staatsraison“, die sich seit den Gregorianischen „Reformen“ im 11. Jdt., wenn nicht gar seit den byzantinischen Kaisern kontinuierlich entwickelt und das römisch-katholische Denken bis in die letzten theologischen, pastoralen und juristischen Verästelungen durchdrungen hat und bis heute durchdringt. Weiterlesen

Thesen zur Überwindung des Erbsündendogmas

Die einen nennen die Erbsünde eine Lachnummer, die anderen verharmlosen sie zum „kollektiven Unheilszusammenhang“, in dem wir doch alle leben (Joachim Negel in Publik-Forum 16/2022). Das ist unbestritten und es gibt genügend Grund, sich aus christlicher Perspektive intensiv damit zu beschäftigen. Doch es wird endlich auch Zeit, die destruktiven und traumatisierenden Anteile des Erbsündendogmas zu entdecken und entschieden zurückzuweisen. Nur so lässt sich die aktuelle Kirchenkrise nachhaltig überwinden. Weiterlesen