In einem Essay zu Leo XIV. versuchte ich, von den Zukunftschancen einer erneuerten Kirche ein nüchternes Bild zu entwerfen.[1] Meine These lautete: Weltweit durchzieht die römisch-katholische Kirche ein dichtes und komplexes Feld von starken, geradezu unüberwindlichen Angeboten, Motiven und Strukturen der Macht. Solange wir die Beharrungskraft dieser Vorprägungen nicht ins Visier nehmen, gar neutralisieren, gibt es keine Hoffnung auf eine erneuerte Kirche, auch nicht auf die vielfach beschworene Synodalität, welche die autoritären Verhältnisse eindämmen und eine Kultur der geschwisterlichen Teilnahme ermöglichen soll. Sie sind in diesen Dispositiven festbetoniert. Weiterlesen
Schlagwort-Archive: Unterscheidung
Nicht heilig, sondern katholisch II
II. Nabelschau einer Konfession
„Vatikan bremst Bischöfe aus“, titelte die deutsche Presse. Einen Tag vor Beginn der Frühjahrskonferenz der deutschen Bischöfe in Augsburg (18.02.2024), sorgte ein Brief aus Rom für eine unerwartete Blockade. Zur Konstituierung des Synodalen Ausschusses, über den sich der “Synodale Weg“ im vergangenen Jahr geeinigt hatte, wurde kein Beschluss gefasst. Dieser Ausschuss hätte in aller Form eine erste verbindliche Kooperation von Bischöfen und Nichtbischöfen zu Reformfragen der Kirche in Kraft gesetzt. Diese römische Aktion führte unter Reformwilligen zu Entsetzen und Empörung, zu Recht. Doch dieser Eingriff konnte die Insider nicht wirklich überraschen, denn diese Blockade (man kann sie auch Ohrfeige nennen) folgte perfekt den Vorstellungen der exzellenten und eminenten Hardliner mit Wohnsitzen vor allem im Vatikan, ferner in Deutschland, schließlich auch in anderen Ländern bzw. Kontinenten. Allerdings haben sie keinerlei Unrechtsbewusstsein, wie ich hier zeigen möchte. Im Gegenteil, sie verteidigen schlicht die kirchliche „Staatsraison“, die sich seit den Gregorianischen „Reformen“ im 11. Jdt., wenn nicht gar seit den byzantinischen Kaisern kontinuierlich entwickelt und das römisch-katholische Denken bis in die letzten theologischen, pastoralen und juristischen Verästelungen durchdrungen hat und bis heute durchdringt. Weiterlesen