Wofür steht die Bischofssynode? – Die Lineamenta

Antworten auf den Fragekatalog der Lineamenta 2015 zu Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute

I. Vergessene Dimensionen

1. Bedenken offen benennen

Wofür steht die Bischofssynode vom Oktober 2015? Für welche Anliegen und wessen Interessen wird sie eintreten? Welche Prinzipien werden sie leiten auf ihrer Suche nach einem erneuerten Familienbild und nach einem christlichen Umgang mit glücklichen, gescheiterten oder solchen Familien, die den klassischen Regeln katholischer Tradition widersprechen? Das sind Fragen, die viele Menschen interessieren und von deren Beantwortung ihr weiteres Verhältnis zur Kirche abhängen wird.

Können wir die Synodenergebnisse beeinflussen? Der Gang der Bischofssynode 2014 mahnt zur Nüchternheit. Doch wir können die vorgelegten Fragen beantworten und damit das uns Mögliche versuchen. Allerdings bedarf die Beantwortung der Fragen zu den Lineamenta 2015 einiger Anstrengung und Selbstüberwindung. Das ist allenthalben von engagierten katholischen Kirchenmitgliedern zu hören und dafür gibt es Gründe; dies gilt sicher für den deutschsprachigen Raum, auf den ich mich hier beschränke.

Anstrengend ist diese Arbeit, weil sich von den Fragen nur wenige angesprochen fühlen. Sie sind sperrig, auf bischöfliche Perspektiven zugeschnitten, weit mehr an der Theorie als an der Wirklichkeit orientiert. In Gedankenführung und Formulierung sind die Bischöfe des Weltkreises die ersten Adressaten. Mühelos verstehen kann diese Fragen wohl nur, wer noch in der neuscholastischen Theologie zu Hause ist, die den offiziellen Lehrbestand der Kirche weltweit immer noch zusammenhält. Im Kontrast dazu wurde schon im vergangenen Jahr klar, was die Erwartungen des Papstes sind; die Kirchenbasis soll in das Gespräch einbezogen werden. Dazu wäre eine Neuformulierung der Fragen notwendig gewesen, stattdessen erhielt die Basis ein wohlverschnürtes, in Problemführung und Sprache versiegeltes Fragenpaket, das zudem in extrem kurzer Zeit beantwortet werden sollte. Das führte bei vielen, die sich an den Fragen versuchten, zu dem Verdacht, ihre Antworten hätten doch keinen Einfluss. Damit wurde und wird eine große Chance vertan.

Zudem verlangt dieses Frage- und Antwortspiel einige Selbstüberwindung, weil nur wenige Fragen offen und nicht mit Steuerungsmechanismen versehen sind. Im größeren Teil stecken profilierte, meist umstrittene Voraussetzungen und vorgegebene Denkspuren. Wer also unbefangen und spurgenau antworten will, gerät schnell in die Falle dezidierter Positionen, über die Diskussionsbedarf herrschen sollte. Das führt zu enttäuschten Erwartungen, denn die letztjährige Fragerunde hatte noch die Möglichkeit geboten, sich offen zur aktuellen Situation der Ehe, zum Wandel ethischer Auffassungen und zum Autoritätsverlust einer antiquierten Sexualitäts-, Ehe- und Familienmoral zu äußern.

Die bemerkenswerten Ergebnisse des letzten Jahres hätten Bischöfe und Bischofssynode zwar wachrütteln und zu einer Verschiebung der Folgeversammlung anregen müssen, denn innerhalb eines Jahres lassen sich die vielen aufgebrochenen Grundsatzfragen nicht hinreichend bearbeiten. Doch sie fanden in den späteren Dokumenten keinen Niederschlag. Im Gegenteil, nach den heftigen Synodendiskussionen vom Oktober 2014 scheinen manche Türen verschlossener denn je zu sein.

Zu Recht? Der letztjährige Schlussbericht macht einen gespaltenen Eindruck. Durch manche Passagen weht ein frischer Wind, andere lesen sich wie ein Repetitorium vergangener Dogmatik. Sie geben unverändert und in belehrendem Ton einfach wieder, was als offizielle Kirchenlehre zu gelten hat, weil es z.B. 1563, also vor 452 Jahren auf dem Konzil von Trient so festgelegt wurde. Auch die Enzyklika Humane vitae (1968), die in Deutschland nicht rezipiert wurde, feierte fröhliche Urständ.

Umso prekärer wurde die Berufung auf die Barmherzigkeit, die zunächst eine große Lösung versprach. Auf den Synodensitzungen 2014 konnte diese Tugend die Panzer dogmatischer Definitionen nicht erweichen. Sie dient nur noch dazu, einige Kanten abzurunden. Paradox erscheint jetzt auch die Position von Kardinal Kasper, dem sympathischen Wortführer des Barmherzigkeitsmodells. Denn ausgerechnet er macht Jesus wieder (und gegen einen breiten exegetischen Konsens) zum Vorkämpfer ehelicher, gesetzlich festgehämmerter Unauflöslichkeit. Zugleich wundert er sich darüber, dass Kardinal Müller diese harte These nicht durch Hilfsmaßnahmen entschärfen will. Nach Müller gibt es nichts zu entschärfen. Er nimmt seinen Kollegen Kasper ja nur beim Wort und erklärt, schon definitionsgemäß sei jedes Sakrament ein Geschenk göttlicher Barmherzigkeit, deren Maßstäbe wir neu zu lernen haben. Was also soll daran unbarmherzig sein? Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass die Synode 2015 diesen Widerspruch konstruktiv lösen wird, weil sie sich der Komplexität der Fragestellungen nicht stellt.

So kann die kommende Synode höchstens vorläufige Lösungen bringen, die das Ungelöste umso deutlicher herausstellen werden. Aus diesem Grund ist eine gründliche Bearbeitung auch des gegenwärtigen Problemstandes nicht umsonst. Vermutlich wird sie erst nach 2015 brennend und aktuell. In Vorbereitung dieser zukünftigen Debatte wird im Folgenden auf den Verlust von fünf Hintergründen oder Horizonten hingewiesen:
(1) Entfernung von der Kirchengemeinschaft (Gemeinschaft oder Herrschaft),
(2) Weltverlust (Realismus oder Bemächtigung),
(3) Vernachlässigung von Mensch und Wirklichkeit (Rationale Verantwortung oder verfügte Denkordnung),
(4) Verdrängung vitaler Pluralität (Pluralität oder erzwungene Einheit),
(5) Blockade universaler Kommunikation (Elite und universale Kommunikation).

2. Gemeinschaft oder Herrschaft – Wessen Wahrheit wird verhandelt?

Auf Komplexität und Differenzierung ist die Synode nicht angelegt. Der Titel der Bischofssynoden 2014 und 2015 lautet: Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute. Das ist eine höchst umfassende und anspruchsvolle Themenstellung. Ohne jede Einschränkung geht es um die Familie an sich. Fragen der Ehe und der Sexualität sind eingeschlossen. Kirche und Welt treten gleichermaßen in den Blick. Diesem globalen Ansatz sind kontextuelle ‑ d.h. kulturelle und interkulturelle, sozio- und ökonomiepolitische, interreligiöse und interkonfessionelle ‑ Aspekte wie abrundende, vielleicht ergänzende Nebenfragen untergeordnet. Sie können keine korrigierende oder wirklich differenzierende Funktion entfalten.

Der globale Universalanspruch des Titels täuscht nicht. Er steht in schrillem Kontrast zu den bekannten, immer noch aktuellen Diskussionen etwa zur Unauflöslichkeit der Ehe, zum innerkirchlichen Umgang mit Wiederverheirateten, zum weitgehenden Verbot der Geburtenregelung, zur unverminderten Diskriminierung der Homosexualität. Sogar der Schlüsselbegriff der Barmherzigkeit, der viele Auseinandersetzungen hätte entkrampfen können, ist inzwischen zum Alibi geraten. Statt die juridisch-unbeugsame Verhärtung des römisch-katholischen Ehekonzepts zu lösen, präsentierte Kardinal Kasper schon im Februar 2014 die Kirche als die barmherzige Institution, die dem ‑ durch Christi Willen! ‑ unbarmherzigen Ehesakrament seine Härte nehmen soll. Solche Konstruktionen können kaum überzeugen. Sie lenken von einer gründlichen Neubesinnung und von den Möglichkeiten der Selbstkorrektur nur ab. Das irritiert.

Aus psychologischen Gründen mag diese Unerbittlichkeit verständlich sein, denn auch Hierarchen sind nur Menschen. Dieses Argument ist zwar häufig zu hören, doch darum geht es hier nicht. Wenn nicht alles täuscht, begannen ideologische und strukturelle Fehlentwicklungen mit einer wachsenden Entfernung der katholischen (zölibatären) Bischofshierarchie vom Kirchenvolk, in der sie sich Schritt um Schritt zur Kirche schlechthin aufgeworfen hat. Vereinfacht formuliert: Im ersten Jahrtausend galt die Kirche, diese Gemeinschaft aller Glaubenden, als der wahre Leib Christi. Seit dem 12. Jahrhundert gilt als wahrer Leib das eucharistische Brot. Die Kirche hingegen wird zum „mystischen“ Leib relativiert, zugleich institutionell-juridisch verengt. So sagt man heute „Kirche“, meint aber Bischöfe und Papst, wenn nicht gar Papst und Kurie. Die fromme und urchristliche Überzeugung, die Gemeinschaft der Glaubenden falle nie aus der Wahrheit Christi heraus, weil sie vom Geist Christi getragen wird, transformierte sich in einer langen und hochkomplexen Entwicklung in die herrschaftliche These, die institutionell legitimierte Lehre sei irreformabel.

Dies ist auch der Hintergrund der vorliegenden Fragen. In Nr. 24 der Lineamenta 2015 steht dazu ein eindeutiger Satz: „Als verlässliche Lehrerin und fürsorgliche Mutter ist sich die Kirche – obwohl sie anerkennt, dass es für die Getauften kein anderes als das sakramentale Eheband gibt und dass jeder Bruch desselben Gottes Willen zuwiderläuft – auch der Schwäche vieler ihrer Kinder bewusst, die sich auf dem Weg des Glaubens schwer tun.“

In diesem Satz sind alle Schwierigkeiten versammelt, die hintergründig das Geschehen der Bischofssynoden von 2014 und 2015 belasten. Eine institutionell verengte Kirche versteht sich als Lehrerin und Mutter, stellt sich also über die Glaubenden. Gemeint ist mit dieser Kirche nicht die gesamte Glaubensgemeinschaft mit ihrem Glaubenssinn, in deren umfassende Weisheit man sich gerne einordnen möchte. Gemeint ist eine rechtlich wohlorganisierte Kirchenleitung (seit 1054 schon nicht mehr ökumenisch, gar gesamtchristlich im elementaren Wortsinn), die sich selbst als kirchliches Lehr- und Hirtenamt definiert. Bemerkenswert ist, dass sich im zitierten Text diese Amtskirche nicht etwa auf die Kreativität, das befreiende Zeugnis oder die neuen Glaubensformen ihrer Glaubensschwestern und -brüder bezieht, sondern bevormundend auf die Schwäche und die Glaubensprobleme ihrer Kinder[!]. Noch gravierender aber ist die Tatsache, dass die Lehrer und Hirten ihre eigenen Schwächen, Glaubensprobleme und ihre Erfahrungsferne in Sachen Sexualität, Ehe und Familie konsequent ausblenden. So verstellen sie sich den Weg zu einem gesamtkirchlichen Diskurs und verspielen alle religiöse Autorität.

Wie man in den Lineamenta 2015 und an den hier verhandelten Fragen erkennt, werden auch die tiefgreifenden Veränderungen des kulturellen und theologischen Bewusstseins relativiert oder gar ignoriert. Die Tiefenbeben, von denen Glaube und Religion in Westeuropa heute erschüttert werden, kommen nicht vor. In bemerkenswerter Direktheit präsentieren auch die vorgelegten Fragen ihre historisch einzubettenden lehramtlichen Überzeugungen einfach als Gottes Willen, obwohl Schrift und Überlieferung eine viel differenziertere Sprache sprechen. Schließlich verführt sie der Bedeutungsverlust der katholischen Kirche in Westeuropa dazu, säkulare Veränderungen in Kategorien des Irrtums oder des Glaubensabfalls zu pressen. Das alles hat zur Folge, dass die Hierarchie wichtige, wenn auch bedrohliche Themen verfrüht abblendet und – so die Angst besorgter Beobachter ‑ ihre Sprachfähigkeit verliert. Von Sprachlosigkeit in Sachen Sexualität spricht ja selbst schon der eine oder andere Bischof. Diese Gefahr ist im gegenwärtigen Diskussionsstand höchst virulent.

Zwar lässt sich die Folge dieser Gefahrenanzeige nicht einfach in das Schema „richtig oder falsch“ pressen. Es muss aber folgendes klar sein: Dem Fragekatalog ist eine massive Abblendungs- oder Verdrängungsstrategie eingeimpft. Dies verleiht vielen Antworten einen doppelten Boden, der gefährlich wird, solange man um der Sache willen nicht die Doppelbödigkeit der Fragen selbst entlarvt.

3. Realismus oder Bemächtigung – Wo bleiben die Kontexte?

Papst Franziskus weiß sich der argentinischen Befreiungstheologie verpflichtet, die sich den bekannten Dreischritt „sehen ‑ urteilen – handeln“ auf die Fahnen geschrieben hat. Es ist deshalb konsequent, wenn die Lineamenta 2015 den ersten Teil unter dem Motto „Hören“ der Realität widmen wollen. Der Titel des 1. Teils lautet: „Der Kontext und die Herausforderungen im Hinblick auf die Familie“ (Nr. 5-11). Natürlich kann dieser Teil mit seinen einleitenden Funktionen nur ein Torso bleiben. Deshalb mag man es auch in Ordnung finden, dass sich dieser Text nur in Stichworten und in Bruchstücken der zu analysierenden Wirklichkeit annähert; zum Kontext gehört eben alles, was nicht der Text selbst ist und dennoch zu ihm in Beziehung tritt. Doch spätestens bei den konkreten Fragen zerbröselt der kontextuelle Kurzblick zu einem Bedrohungsszenario: der Kontext gerät zu sachfremden und destruktiven, eine Ehe zerstörenden Entwicklungen, die gegen die sogenannten Kontexte zu beschützen sind.

Genau durch diese Vereinfachung wird der Kern einer kontextuellen Analyse verfehlt. Die Metapher von Text und Kontext besagt ja, dass die untersuchte soziale Wirklichkeit „Familie“ nicht einfach von anderen, ihr äußerlichen Wirklichkeiten umstellt ist. Diese Wirklichkeiten stehen mit der konkreten Wirklichkeit Ehe immer schon in einer inneren Beziehung – wie eben jeder Kon-Text seinen Text immer schon von innen her bestimmt, sich also nicht fein säuberlich vom Text wegsezieren lässt. Es verhält sich wie mit meinem Ich. Zwar distanziert dieses Ich sich ständig von seinem Körper. Das Ich geht mit dem Körper um, trainiert ihn und behandelt bisweilen die Körperteile wie Dinge, die bearbeitet, operiert oder dekoriert werden. Im selben Atemzug bleibe ich mein Leib, bin ich schön, wenn meine Gestalt schön ist und zerstöre mich selbst, wenn ich meinen Leib zerstöre. Täglich verändere ich mich, weil mein Leib sich verändert, ohne dass ich darum wissen muss. Religionen lassen sich geradezu an der Qualität messen, die meinen Umgang mit dieser unlösbaren, nie verfügbaren Differenz bestimmt.

Dies gilt für alle Kontexte, in denen Menschen und menschliche Gemeinschaften faktisch leben. Sobald sich kulturelle, soziale, politische oder psychologische Zusammenhänge ändern, hat sich auch schon die Familie geändert, bevor es bewusst oder analysierbar wird. Und bevor eine Kirche beginnt, über die „christliche Familie“ nachzudenken, haben sich diese Familie und ihr Familienbewusstsein schon verändert. Um es in einer anderen Metapher zu sagen: Ein wirklicher Kontext geht immer unter die Haut und führt zur Frage nach sich selbst. Dieser Aspekt wird in den Lineamenta und deren Fragen ausgeblendet. Übrig bleibt nur ein äußerliches Beobachtungsmuster, das die gegenwärtige Wirklichkeit an vergangenen Idealen misst und moralisch darauf reagiert. Nicht als ob dies alles unwichtig wäre, aber fruchtbar oder sinnvoll können nur solche ethische Anweisungen sein, die eine fundamentale Solidarität der kirchlichen Gemeinschaft mit der Welt voraussetzen. Diese Solidarität mit dem eigenen Körper und der eigenen Welt ist dem klerikalen Modell abhanden gekommen.

Für mein Gespür haben die Autoren der Synodentexte 2015 völlig verdrängt, dass auch sie ein Stück dieser Welt sind, – ein Stück dieser Welt sein und sich so akzeptieren müssen, nachdem sich Gottes Wort nicht nur am Fleisch abmühen will, sondern schlicht und einfach Fleisch geworden ist. Die Fragen blenden diese letzte innere Verwobenheit mit Leiblichkeit, kulturellen und sozialen Bedingungen aus. Deshalb wäre es besser gewesen, wenigstens diese Kontext-Fragen wären von verheirateten Kirchenmitgliedern formuliert worden. Jetzt wird der letzten Verbundenheit eines christlichen Lebenskonzepts mit dieser „Welt“ und ihren Entwicklungen kein Raum gewährt. Auch dies kommt – bewusst oder unbewusst – einer Abblendungs- oder Verdrängungsstrategie gleich. Diese Fragen, obwohl sie als Fragen formuliert sind, belehren, statt von einer echten Lebensneugier getragen zu sein.

4. Rationale Verantwortung oder verfügte Denkordnung – Was gelten Mensch, Wissenschaften und Öffentlichkeit?

Zum schwierigen Versuch, die vorliegenden Synodenfragen einzuordnen und angemessen zu beantworten, gehört ein schwieriger Umstand: Statt konkrete Voraussetzungen oder Behauptungen einfach zu widerlegen, sind immer wieder vergessene Bezugsrahmen anzumahnen. Die Lineamenta 2015 und die dazugehörenden Fragen gehen von einer kirchlichen Lehre aus, die unbefragt eine unverrückbare Position einnehmen. Doch werden die vergangenen, u.U. höchst virulenten Kontexte dieser Lehre nicht berücksichtigt. Dazu gehören ein juridisch verengtes Verständnis von kirchlichem Handeln, ein teils antikes, teils mittelalterliches Bild von Frau und Mann, in diesem Zusammenhängen eine biologistische Konzeption von Sexualität, die sich mit hoher Priorität an der Zeugung von Nachkommen orientiert. Hinzu kommt die hohe gesellschaftliche Bedeutung von Eheschlüssen in einer Zeit, da Familienverbände die gesellschaftlichen Strukturen einer Gemeinschaft stark mitbestimmten und weit entfernt waren von der modernen Form der „Kleinfamilie“ (ganz zu schweigen von Familien mit nur einem Elternteil oder von Patchworkfamilien). Dazu gehören die Berufung auf ein Naturrecht und auf eine Schriftinterpretation, die beide von vergangenen Epochen geprägt und von historischen oder empirischen Rückfragen unberührt sind. Unverträglich sind damit neue Menschenbilder, die natur- und humanwissenschaftlich gut begründbar sind, von den Erfahrungen schon einiger Generationen getragen und lebenspraktisch bestätigt werden.

Die Ergebnisse der letztjährigen Umfrage zur Synode 2014 ließen diesen Wandel zutage treten und man kann nur staunen, wie alle Umbrüche jetzt – im Sinne einer äußeren Ursächlichkeit – auf moralischen Verfall und Glaubensverlust reduziert sind. Natürlich ist auch darüber zu reden, aber doch im Sinne einer höchst dialektischen, oft unklärbaren Verwobenheit mit Entwicklungen, die uns doch nicht von außen überfallen, sondern auch von den Kirchen und den Lebensformen ihrer Anhänger mit vorangetrieben werden. Moralisch belehrende Kategorien tragen zur Klärung solcher kultureller Umbrüche nur wenig bei. Wenig hilft auch die Unterstellung, mit einem kräftigeren Zeugnis und mehr moralischer Anstrengung könne die Welt verbessert werden.

Auf operativer Ebene müsste ein Klärungsprozess damit beginnen, neue Konzepte von Mensch und Sexualität ernst zu nehmen. Auch die Kirchen müssen bei der Empirie, der Wissenschaft und den Erfahrungen der Menschen selbst in die Schule gehen, um besser zu begreifen, was eigentlich geschieht. Als Beginn einer Erneuerung wäre dieser Lernprozess wichtiger als alle Ertüchtigungs- und Motivierungsversuche. Das aber kostet Zeit für intensive Gespräche und die Integration neuer Erkenntnisse, die in vielen Untersuchungen erbracht wurden und inzwischen in Bibliotheken gestapelt sind.

Im Grunde ist die kirchliche Lehre ständig dabei, die zeitnahen sozial- und humanwissenschaftlichen Erkenntnisse zu demütigen, statt mit ihr in Dialog zu treten. Das ist eine Form der Wahrheitsverweigerung und Wirklichkeitsverachtung, die sich die katholische Kirche nicht leisten sollte. Zu Recht war diese Kirche in vielen Jahrhunderten darauf stolz, dass sie Glauben und Wissen versöhnte. Eine neue Klärung der hier anstehenden Fragen wäre ein ausgezeichneter Testfall für einen Neubeginn, auch wenn er weh tut.

5. Pluralität oder erzwungene Einheit – Was bedeutet das Konkrete?

Pluralität gilt als ein Schlüsselwort der Postmoderne und wird oft mit dem Slogan verbunden, alles sei möglich, verboten also nichts. Unter diesen Vorzeichen gerät der Relativismus zum Todesstoß aller Kultur, und nichts ist für die Kirche wichtiger, als sich seiner Diktatur zu entziehen. Den Lineamenta 2015 und ihrem Fragenkatalog ist diese Denkhaltung zwar nicht vorzuwerfen, aber mit der Pluralität der Welt und ihren Lebensentwürfen haben sie sich nicht angefreundet, jedenfalls gehen ihnen die konkrete Vielfalt der Welt, das ehelichen Zusammenleben und die menschliche Sexualität nicht unter die Haut.

So fällt es auf, dass hoch engagierte Seelsorgerinnen und Seelsorger, die innere Aufsplitterung ehelicher Formen, das Scheitern von Lebensentwürfen und die Schicksale der betroffenen Kinder in viel schrilleren Farben darlegen als es lehramtliche Dokumente vermögen. Seelsorgerinnen und Seelsorger spüren als die ersten, zu welchen Erschütterungen und Katastrophen die neue Vielfalt führen. Zumal im reichen und gesättigten Westeuropa gehen Orientierungen verloren.

Aber sie tragen diese Beschreibungen gerade nicht als besserwissende Belehrungen vor, sondern von betroffenen Personen, die diese Situationen mittragen möchten. Sie leiden massiv mit, weil sie mit der neuen Situation solidarisch sind. Sie wissen, dass auch sie, willentlich oder unbewusst, an diesen Schicksalsfäden, diese unauflösbaren Differenzen zwischen Einheit und Vielfalt weiterspinnen. Das ist eben das Leben, das sich nach keinen Handlungsanweisungen richtet, sondern täglich neue Wege geht.

Den vorbereitenden Dokumenten fehlt genau dieses Bewusstsein, dass Einheit und Vielfalt nur zusammen denkbar und realisierbar sind. Auch innerkirchliche Einheit kommt nur durch eine vitale Vielfalt zustande. Auf lange Frist muss die aktuelle strukturelle und doktrinale Monokratie tödlich wirken. Die Missachtung von natürlicher und kultureller, also auch von spiritueller und moralischer Pluralität wirkt höchst gefährlich. Den aktuellen Bischofssynoden hätten entsprechende Veranstaltungen und Beschlussfassungen auf kultureller bzw. kontinentaler Ebene vorangehen müssen.

Die aktuellen Diskussionen würden in einer kontextbewussten und dezentralen Kirchenstruktur an innerer Gelassenheit und Überzeugungskraft gewinnen. Afrikanische Kulturen dürften ihre besonderen Gaben ebenso zeigen wie diejenigen von Neuseeland, Frauen ihre spezifischen Erfahrungen ebenso einbringen wie homophile Personen. Das bekannte bischöfliche Argument, wichtige Fragen müssten in Rom geregelt werden, würde sich umkehren, weil wichtige Fragen vor Ort einer überzeugenden Lösung bedürfen. Der ständige Zwang offizieller katholischer Theologie zu Aussagen, die streng universal oder universalisierbar sind, ist ebenso tödlich wie eine Schriftinterpretation, die immer den Konsens sucht.

Die Dimension dieser vielfältigen Einheit verlangt Arbeit, denn alle Formen der Vielfalt gehen den Einzelnen unter die Haut. Konkretes Leben bedeutet immer Beschränkung auf eine konkrete Form. Ich lebe nicht die Ehe an sich, sondern eine konkrete Ehe. Nur wer dieser Konkretheit in all ihren Variationen konstruktiv und mit großem Respekt begegnet, wird zu einer Weltgemeinschaft fähig. Diese Perspektive löst noch keine Probleme, aber sie verhilft dazu, ein jedes Problem dort zu lösen, wo es hingehört. Dieses Bewusstsein fehlt den vorliegenden Papieren. So führen auch die Antworten zu einlinigen Beschlüssen, solange man in ihnen nicht die Falle der Uniformitätslust verkennt.

6. Elite und universale Kommunikation

Eine letzte Dimension fasst die aufgeführten Defizite noch einmal zusammen. Sie zielt auf das intensiv gepflegte, in vielen Formen ausgelebte und theoretisch ausgearbeitete Elitebewusstsein, das sich in der „Hierarchie“, also bei den Kirchenleitungen breitgemacht hat und in Rom ihren Höhepunkt erfährt. Der Elitegedanke ist allen Gemeinschaften eingeboren, den Religionen zumal. Gesucht werden Vorbilder und Wortführer, Vermittler und Repräsentanten als solche, in denen sich eine Gemeinschaft wiedererkennt. Ein ebenso natürliches Gegengewicht gegen solche Eliten von Macht und Führungsanspruch bildet der kontinuierliche Austausch von Wissen und Interessen, Argumenten und Absichten, nennen wir es Partizipation. Die Stärke und Anerkennung von Eliten hängt von vielen Faktoren ab; eine jede Gemeinschaftskultur muss ihr eigenes Gleichgewicht finden. In der katholischen Kirche ist das nicht mehr der Fall. Man spürt das an allen Fragen, die auf Kontrolle, genauere Begleitung der Eheleute und bürokratische Ertüchtigung auf Pfarrei- und Bildungsebene tendieren.

Dass die katholische Kirche eine starke Elite mit einem hohen Elitebewusstsein ausgeprägt hat, leitet sich hauptsächlich aus ihrer jahrhundertelangen Symbiose mit monarchischen Gesellschaften und aus ihrer unbestrittenen Nähe zu staatlicher Macht ab. Es hätte nahegelegen, dass sich mit dem Verfall monarchischer Strukturen, also im Verlauf des 19. Jahrhunderts, auch diese ausgeprägte Elitestruktur auflöste. Aber die Hierarchie entwickelte Gegenstrategien. Der erfolgreiche Leitgedanke hieß Antimodernismus, andere Faktoren begünstigten die eingeleiteten massiven Zentralisierungsprozesse. Durch die Entsakralisierung staatlicher und ziviler Strukturen wuchs den Kirchenleitungen (Bischöfen und Papst) unerwartet ein neues Alleinstellungsmerkmal der Sakralität zu. Trotz des 2. Vatikanischen Konzils und trotz seiner demokratischen Impulse hat sich der neue Zentralismus bis in die Pontifikate Johannes Pauls II. und Benedikts XVI. hinein gefestigt. In einer säkularen Öffentlichkeit wirkt diese Hierarchie als einzigartige sakrale Instanz und die neue Dualität zwischen heilig und profan hat sich in das Kircheninnere verlagert; den Bischöfen steht das Volk gegenüber. So machen die Bischöfe intensiver denn je von einem diffusen Autoritätszuwachs Gebrauch, obwohl ihnen die Legitimation von der Kirchenbasis mehr denn je fehlt.

Noch immer ist das Gleichgewicht zwischen Elite und Gottesvolk massiv gestört. Die Elite empfindet den Kommunikationsmangel zwischen Hirten und Schafen kaum als ein Defizit, weil sie das Volk – unterschwellig, bisweilen explizit – noch immer mangelnder Einsicht und mangelnden Glaubens verdächtigt. Innerhalb der katholischen Kirche bildete sich eine hierarchische Binnenwelt heraus. Sie versteht ihre Kirche als eine religiöse Sonderwelt und bringt diese zum Ausdruck in einem enormen Gruppenbewusstsein und eigenen Verhaltensregeln, in der strammen Gleichschaltung ihrer Lehre, schließlich in archaischen, weltweit geltenden Kleidungsvorschiften, deren Herkunft niemand mehr versteht. Diese Klerikerwelt, die sich Kirche nennt, versteht sich als streng überweltlich und überzeitlich, im Kern also als unveränderlich und unfehlbar. Aus einer Selbsttäuschung heraus, die die Säkularisierung mit Glaubensmangel verwechselt, stilisiert sie ihr zölibatäres Leben zur größeren Gottesnähe, was die Ehe von vornherein als eine Lebensform von Gefährdeten erscheinen lässt. Zudem bewegt sie sich in einer Sprache, die kaum mehr verstanden wird. Wie tief ihr Sprachverlust reicht, hat sie noch nicht begriffen.

Diese propagierte Geschichts- und Kontextferne, diese vermeintliche Überzeitlichkeit und organisierte Weltmonokratie hat dramatische Folgen. Eine Kirche, die solche Prägungen akzeptiert und übernimmt, verliert die Menschen, entfernt sich vom komplexen Zusammenleben der Kulturen, von der Verschwisterung religiöser Erinnerungen mit moderner Rationalität (aggiornamento genannt), von einer Sexualität, die sich als Kommunikation und Beziehungsgeschehen versteht und ihre Machtfaktoren durch gegenseitigen Respekt überwindet. Langfristig ist es für das Überleben dieser Weltkirche unverzichtbar, dass der verselbständigten Elite die Macht des Freimuts, als einer offenen Kommunikation entgegentritt.

In jedem Fall ist bei der Beantwortung der vorliegenden Fragen also dafür sorgen, dass nicht nur die Antworten, sondern auch die Fragen aus einem vorformulierten Konsens erwachsen. Andernfalls schadet deren Beantwortung der Kommunikation mehr, als dass sie das Einverständnis im Glauben fördert. Deshalb der wahren Kirche bei klerikal geprägten Fragen nur widerständige Antworten nur helfen.

7. Was tun?

Bedenken wurden hier geballt zusammengetragen. Sie sollen nicht der Selbstgerechtigkeit dienen, sondern – ohne alle Polemik, denn alle Thesen ließen sich umfassend begründen – den Ernst der Situation, die selbstverschuldete Krisenstimmung in Rom und Umgebung sowie die Hilflosigkeit der aktuellen Kirchendiskussionen um Sexualität, Ehe und Familie erklären. Die bekannte Theologin und Ethikerin Regina Ammicht-Quinn erklärte vor einigen Tagen: „Und allen Bischöfen in der Familiensynode würde ich gerne Enkeltöchter wünschen, die mit Lebenslust in allen Unordnungen des Lebens stecken, die ihre Großväter daran hindern, die eigene Biografie zu romantisieren und zu verabsolutieren, und die ihren Großvätern zeigen, wie gerade in den Unordnungen neue Formen der Inkarnation aufscheinen.“ So fasste sie präzise zusammen, was im Augenblick viele Katholikinnen und Katholiken in Deutschland bewegt.

Die genannten Bedenken müssen offen benannt werden. Dies soll aber nicht von der Beantwortung der vorgelegten Fragen ablenken. Im Gegenteil, nur wer um die verborgenen und verdrängten Hintergründe weiß, kann sich diesen Fragen mit voller Aufmerksamkeit widmen. Denn untergründig steht mit ihnen sehr Vieles auf dem Spiel. Doch seien wir nüchtern: Wahrscheinlich wird sich manches erst nach der Synode offen besprechen lassen, wenn die zu befürchtende Enttäuschung einen neuen Ansturm von Fragen auslöst und gründlichere Antworten erzwingt. Vielleicht werden dann endlich die kontinentalen bzw. subkontinentalen Bischofskonferenzen ihre eigene Stimme erheben.

II. Antworten zu Haupt- und Teilfragen

Die Antworten stellen nicht mehr als einen ersten Versuch dar, doch stellen sie sich den Fragen nach bestem Gewissen. In vielen Fragen sind Teilfragen versteckt, die eigens hervorgehoben sind. So erhöht sich die Zahl der 46 Fragen nahezu auf das Doppelte. Um im Dickicht vieler Teilfragen und in der Komplexität der implizierten Voraussetzungen den Durchblick zu behalten, wurde den ausführlichen Antworten in der Regel eine Kurzantwort vorangestellt. Sie kann auch denjenigen dienen, die sich möchten, dass die Gewalt theologischer Einzelaspekte sie erschlägt.

Frage 0:
Entspricht die Beschreibung der Realität der Familie, wie sie die Relatio Synodi vornimmt dem, was heute in Kirche und Gesellschaft festgestellt werden kann? Welche fehlenden Aspekte können ergänzt werden?

Kurzantwort:
Die Lineamenta bieten einige allgemeine Erwägungen. Sie bleiben aber an der Oberfläche und bieten keine differenzierte zielführende Beschreibung der Familie.

Ausführliche Antwort:
„Die Realität der Familie“ gibt es nicht. Die wenigen konkreten Zuweisungen von Ursache und Wirkung sind nicht überzeugend. Die sonstigen allgemeinen Ausführungen sind viel zu nichtssagend und allgemein. Dafür gibt es zwei Gründe:
– verschiedene kulturelle und gesamtwirtschaftliche Kontexte spielen keine Rolle
– vorschnell werden theologische bzw. moralisierende Zuweisungen – z.B. auf Individualismus, Subjektivismus, Abwesenheit Gottes, Säkularisierung vorgenommen. Diese allgemeinen Begründungen sind weder statthaft noch wirklichkeitsgerecht.

Begründung:
I 5: Dass der „anthropologisch kulturelle Wandel“ alle Aspekte des Lebens betrifft, ist selbstverständlich. Dass dabei ausgerechnet Individualismus und Subjektivismus gerügt werden, wird der Gefährdung vieler Ehen nicht gerecht.
I 6: Die Gedankenführung ist unklar. Einsamkeit, Armut, mangelnde soziale Aufmerksamkeit, demographische Krise, Gewalt und Appelle an den Staat werden miteinander vermengt.
I 7: Sehr heterogene Krisensymptome werden ohne klare Zielsetzung aufgereiht: Polygamie, „Stufenehe“, arrangierte Ehen, „gemischtreligiöse und kultusverschiedene“ Ehen, Zusammenleben ohne Trauschein, gefährdende zivile Gesetzgebung. Solche allgemeinen Vorwürfe erzeugen einen nichtssagenden Alarmismus.
I 8: Schwankt zwischen heterogenen Problemaussagen zur Situation
– von Kindern (außereheliche Geburt, alleinerziehende Mütter, Streit um Kinder, Abwesenheit von Vätern, sexuelle Ausbeutung, Straßenkinder) und
– von Frauen (Diskriminierung und Gewalt, Genitalverstümmelung),
– hinzu kommen kriegerische Gewalt und Migration.

Damit ist die Chance einer strukturierten kontextuellen Analyse vertan.
I 9: Der Verweis auf die Bedeutung von Gefühlen und dem Wunsch nach Beziehungen ist wichtig. Die Kirche bietet sich zu einseitig als Retterin aus der Gefahr des Egoismus an.
I 10: Dieses orientierungslose Potpourri von Affektivität, Pornographie, Zwang zur Prostitution, Beziehungskrisen, demographischer Rückgang und Biotechnologie fällt einer jeden sinnvollen pastoralen Überlegung in den Rücken.
I 11: Angesichts ihrer Unbeweglichkeit seit dem 11. Jahrhundert und angesichts der Kluft zwischen offizieller Lehre und dem Glaubenssinn des Volkes müssten die offiziellen kirchlichen Lehrinstanzen zuerst hören, bevor sie sich zu einem „Wort der Wahrheit und der Hoffnung“ wagen.

Frage 1:
Welche Initiativen gibt es im Hinblick auf die Herausforderungen, vor welche die kulturellen Widersprüche die Familie stellt (vgl. Nr. 6-7), welche sind diesbezüglich geplant? Dabei geht es um Programme,
(1) welche die Gegenwart Gottes im Leben der Familien wieder ins Bewusstsein rücken wollen;
(2) solche, die auf feste interpersonale Beziehung hin erziehen und diese stabilisieren wollen;
(3) solche die beabsichtigen, sozial- und wirtschaftspolitische Maßnahmen zum Nutzen der Familie zu fördern;
(4) solche, die die Schwierigkeiten erleichtern, die mit der Betreuung von Kindern, Alten und kranken Familienmitgliedern verbunden sind;
(5) solche die geeignet sind, sich mit dem besonderen kulturellen Kontext auseinanderzusetzen, in dem die jeweilige Ortskirche lebt.
[Zur besseren Verständlichkeit wurden die Fragen vom Autor gegliedert]

Kurzantwort:
Diese fünf Teilfragen sind von spezialisierten Pastoraltheologen und den Seelsorgeämtern der Diözesen in der Reihenfolge 5, 3, 2, 4 und 1 zu beantworten.

Ausführliche Antwort:
Die Frage ist deutlich an Spezialisten gerichtet. Sie weckt aber den Eindruck, dass die Kirche als Alleinreglerin auftritt.

Teilfrage (5) hätte dem Projekt der Bischofssynoden vorausgehen müssen. Sinnvoll kann auf globaler Ebene in Rom nur geredet werden, wenn alle Ortskirchen gründlich über ihre spezifischen Situationen nachgedacht haben. Dies hat sich schon an den Mängeln der Synode 2014 gezeigt.

Teilfrage (3) ist eine klare politische Frage. Sie ist zuerst in den verschiedenen Ländern mit der Politik zu führen.

Teilfrage (2) betrifft die Reife der Menschen allgemein. Man kann eine „feste interpersonale Beziehung“ nicht einfach auf eine Ehe hin einüben. Die Fähigkeit dazu muss in einer umfassenden christlichen Lebenshaltung verankert sein. Nur so wird diese Tugend nicht instrumentalisiert.

Teilfrage (4) bezieht sich auf Sonderfragen, die eine Gesellschaft ebenso angehen wie die Familie. Die Mängel liegen in der Gesellschaft, nicht in der Bereitschaft der Familien.

Teilfrage (1) sollte nicht als eine Familienfrage isoliert und so behandelt werden. Wichtig ist, dass Ehe und Familie nicht als ein geradezu exotischer Sonderfall des christlichen Lebens behandelt wird. Es handelt sich geradezu um einen Normalfall christlicher Existenz.

Frage 2:
Welche analytischen Instrumente werden genutzt, und welches sind diesbezüglich die wichtigsten Ergebnisse in Bezug auf die (positiven und negativen) Aspekte des anthropologisch-kulturellen Wandels? (vgl. Nr. 5) Lassen die Ergebnisse die Möglichkeit erkennen, im kulturellen Pluralismus gemeinsame Elemente zu finden?

Kurzantwort:
Bevor man gemeinsame Elemente sucht, müssen zuerst die positiven Seiten der Vielfalt herausgearbeitet werden. Nur so kann es gelingen, den Monopolanspruch der katholischen Kirche auf Wahrheit aufzulösen. Eine konkrete Antwort muss von den Historikern, Anthropologen und Kulturspezialisten kommen.

Ausführliche Antwort:
Diese Frage lässt sich nicht in wenigen Zeilen beantworten. Sie ist hochkomplex und man darf nicht übersehen, dass die katholische Kirche (vor allem in Westeuropa) Teil dieses anthropologisch-kulturellen Wandels ist.
– Aus historischer Perspektive ist darauf zu achten, dass die theologische Tradition des Westens selbst schon das Produkt eines tiefgreifenden Wandels ist. Global lässt es sich begreifen mit den Stichworten Hellenisierung, Eintauchen in die mittelalterliche Kultur, Übernahme des scholastisch-thomistischen Denkens und Prägung durch einen neuscholastisch-antimodernistischen Denkstiel.
– Aus sachlich bezogener anthropologischer Perspektive ist auf die tiefgreifenden Neuentdeckungen der neuzeitlichen Anthropologie zu verweisen. Es geht um den Wechsel von einem Konzept, das menschliche Sexualität biologistisch versteht (und oft „naturrechtlich“ begründet wird) zu einem Konzept, das menschliche Sexualität primär als Beziehung begreift und dabei neben den biologischen Aspekten die psychologischen Dimensionen aufnimmt (woraus sich eine andere Art von Naturrecht ergibt).
– Aus exegetischer und dogmengeschichtlicher Perspektive ist zu erwähnen, dass diese neu gewonnenen Perspektiven zu einem neuen Schriftverständnis geführt haben. Viele Perspektiven der Schrift stehen uns heute viel näher als die, die uns die metaphysisch-scholastische Tradition vermittelt hat. Überraschend ist also nicht das Risiko, sondern sind die neuen Chancen, die sich auch einer – im beschriebenen Sinn – traditionskritischen Perspektive ergeben.

Die Frage präsentiert den Pluralismus als Verlust der Einheit. Angesichts der metaphysischen Tradition der katholischen Theologie sollte die Konzentration auf die Einheit als Verlust der Vielfalt gesehen werden. Der Pluralismus erinnert uns an den Reichtum vielfältiger Möglichkeiten auch innerhalb des Christentums. Bevor eine Synode zu neuen und global bindenden Beschlüssen kommt, sollten die wissenschaftlichen Ergebnisse der vergangenen Jahrzehnte aufgearbeitet werden.

Frage 3:
Welche Mittel werden neben der Verkündigung und der Anklage gewählt,
(1) um als Kirche den Familien in Extremsituationen nahe zu sein? (vgl. Nr. 8).
(2) Welche erzieherischen Maßnahmen gibt es,um ihnen vorzubeugen?
(3) Was kann getan werden, um die gläubigen Familien zu unterstützen und zu stärken, die treu zum Ehebund stehen?

Kurzantwort:
(1) Die Gemeinden sollen den Menschen immer und bedingungslos nahe sein.
(2) Die Gemeinden müssen eine Atmosphäre der Empathie und gegenseitigen Teilnahme entwickeln.
(3) Die Mitglieder einer Gemeinde müssen miteinander vorbehaltlos solidarisch sein. Menschen, die nicht kirchlich verheiratet sind oder deren Ehen zerbrechen, verdienen prinzipiell nicht weniger Solidarität. Oberstes Prinzip ist die Sorge für diejenigen, die unter innerer oder äußerer Not leiden.

Ausführliche Antwort:
Eine jede Antwort, die diese Fragen einzeln beantwortet, verfehlt ihr Ziel. Die Bischofssynode darf nicht ihre Zeit damit vertun, über konkrete Einzelmittel für konkrete Einzelfälle zu befinden. Wichtig ist ein Gesamtkonzept des Gemeindelebens, in dem drei Schwerpunkte eine Rolle spielen:
(a) Stärkung des Gewissens und der moralischen Entscheidungskraft der Betroffenen im Gespräch mit anderen und im eigenen Nachdenken.
(b) Wissen um die besondere Verantwortung einer jeden Person, die in einer Treuebeziehung lebt und darin Verantwortung für dritte Personen, z.B. für Kinder, übernommen bzw. zu übernehmen hat.
(c) die oft schmerzliche Erkenntnis, dass gegebenenfalls das Wohl einer Person oder der Kinder höher als die Aufrechterhaltung einer ehelichen Verbindung stehen kann.

Bisher tut sich die offizielle Kirche mit dieser Erkenntnis schwer; sie neigt dazu, das Kirchenvolk zu bevormunden. Im Regelfall ist die unauffällige Begleitung der Betroffenen durch Personen ihres Vertrauens weit wirksamer als die offizielle Begleitung durch amtlich agierende Personen.

Frage 4:
Wie reagiert die Pastoral der Kirche auf den in der säkularisierten Gesellschaft verbreiteten kulturellen Relativismus und die daraus bei vielen folgende Zurückweisung des Familienmodells, der durch das Eheband verbundenen Familie aus Mann und Frau, die für die Zeugung offen ist?

Kurzantwort:
Die in der Frage implizierte Koppelung von säkularisierter Gesellschaft, Relativismus und Zurückweisung des christlichen Familienmodells ist nicht statthaft. Die Pastoral sollte alle Freiheiten nutzen, die ihr z.B. in den deutschsprachigen Ländern gegeben sind.

Ausführliche Antwort:
Die vorausgesetzte Verurteilung der „säkularisierten Gesellschaft“ ist verständlich auf Grund des Bedeutungsverlusts, den die Kirchen durch die Säkularisierung erfahren haben. Jetzt ist es an der Zeit, die Chancen zu nutzen, die einer Kirche zuwachsen.
Der diffuse Begriff „Relativismus“ ist für theologische oder pastorale Folgerungen viel zu ungenau. Ebenso ungenau ist der Begriff „christliches“ Familienmodell, wie sich noch zeigen wird. Sollte mit ihm erneut eine Verpflichtung auf die Moralregeln von Humanae Vitae verbunden sein, führt der Begriff „christliches“ Familienmodell aus anthropologischen und exegetischen Gründen in die Irre.
Es reicht völlig aus, den Menschen – säkularisiert oder nicht – den inneren Sinn einer vorbehaltlosen Liebe und Treue „in guten und in schlechten Tagen“ aufzuzeigen, die für immer ihr Leben teilen wollen. Wer den Verlust christlicher Eheideale beklagt muss zugleich zugeben, dass die katholische Kirche die Ehe theologisch und juridisch überfrachtet hat. Der Begriff der Unauflöslichkeit wurde auf eine juridische Kategorie reduziert.

Frage 5:
Auf welche Weise und durch welche Aktivitäten werden die christlichen Familien einbezogen, wenn es darum geht,
(1) den neuen Generationen den Fortschritt der affektiven Reife zu bezeugen? (vgl. Nr. 9-10).
(2) Was könnte bei der Ausbildung der geweihten Amtsträger im Hinblick auf diese Themen hilfreich sein?
(3) Welche Arten entsprechend qualifizierter pastoraler Mitarbeiter werden als besonders dringlich empfunden?

Kurzantwort:
Im öffentlichen Bewusstsein Deutschlands spielt das Thema der affektiven Reife (Möglichkeiten, Hilfestellung, Gefährdung) eine große Rolle. Problem der geweihten Amtsträger wird auch in Zukunft ihre zölibatäre Lebensform sein; eine innere und hilfreiche Nähe zu Fragen der Ehe und Familie wird bleiben.

Ausführliche Antwort:
Teilfrage (1) muss die deutsche Öffentlichkeit überraschen; sie ist vorrangig in Pädagogik und Psychologie, also in Schulen und in der psychotherapeutischen Begleitung von jungen oder seelisch belasteten Menschen angesiedelt.
Ein Blick in die Nummern 9 und 10, auf die sich die Gesamtfrage bezieht, weckt höchstes Unverständnis und Empörung, denn die Hochschätzung von Emotionen und Affektivität wird unvermittelt und moralistisch an ein Schauerszenario verfehlter Sexualität gekoppelt (Narzissmus, Instabilität, Pornographie, Gefahren des Internets und der Regression, Scheidung, Geburtenfeindlichkeit und Geburtenrückgang mit allen demographischen Folgen). Diese Passagen lassen vermuten, dass die Autoren des Textes ein höchst ungeklärtes Verhältnis zu den anstehenden Fragen haben. Das leitet über zu

Teilfrage (2): Natürlich kann eine intensive Ausbildung der Amtsträge in Fragen der Sexualität, von Ehe und Familie auf biologischer, psychologischer und sozialer Ebene nur behilflich sein. Ihr Hauptproblem besteht darin, dass die „geweihten Amtsträger“ ausnahmslos auf den Zölibat verpflichtet sind. Dieser in Theologie und Anthropologie reichlich diskutierte Mangel kann nicht genug betont werden. So gesehen stehen die geweihten Amtsträger, auch die Träger gesamtkirchlicher Verantwortung, ihren guten Absichten selbst im Weg.

Teilfrage (3): Besonders dringlich sind kundige, psychologisch ausgebildete Frauen und Männer, die aus eigener Erfahrung über Sexualität, Ehe und Familie mit Fragenden reden und sie in ihren Sorgen begleiten können.

Frage 6:
 (1) Inwieweit und durch welche Maßnahmen richtet sich die ordentliche Familienpastoral an die Fernstehenden? (vgl. Nr. 11).
(2) Welche Vorgehensweisen werden gewählt, um das „Verlangen nach Familie“ hervorzurufen und wertzuschätzen, das vom Schöpfer in das Herz jedes Menschen gesät wurde und besonders bei den Jugendlichen vorhanden ist, auch bei denen, die in einer Familiensituation leben, welche nicht der christlichen Sicht entspricht?
(3) Welche Früchte sind bei den Initiativen, die sich an sie richten, feststellbar?
(4) Wie hoch ist die Zahl der natürlichen Ehen unter den Nichtgetauften, auch im Hinblick auf den Wunsch der Jugendlichen nach einer Familie?

Kurzantwort:
Die Antwort ist im Bezugstext des Lineamenta (Nr. 11) enthalten: „Man muss die Menschen in ihrer konkreten Existenz annehmen, es verstehen, ihnen bei ihrer Suche beizustehen.“ Deshalb ist es nicht sinnvoll, durch besondere Methoden noch ein Verlangen nach Familie hervorzurufen.

Ausführliche Antwort:
Teilfrage (1): Unklar ist, was mit „Fernstehenden“ gemeint ist. Gemäß deutscher Terminologie sind es solche, die der Kirche, dem kirchlichen Leben oder dem christlichen Glauben fernstehen. Möglicherweise sind diejenigen gemeint, die dem offiziellen Ideal der christlichen Ehe fernstehen. Dafür spricht Teilfrage (4): Zu bestimmten Methoden einer entsprechenden Familienpastoral müssen sich die Spezialisten äußern. Auch sie unterscheiden sich je nach kulturellen Kontexten massiv.

Teilfrage (2): Wenn das Verlangen nach Familie den Menschen ins Herz gelegt ist, bedarf es keiner Methoden, um dieses „hervorzurufen“. Es reicht, eventuellen Diskriminierungen dieses Verlangens zu widerstehen. Zurückzuweisen ist die Implikation der Frage, nur eine im offiziell kirchlichen Sinn korrekte Familiensituation entspreche diesem Verlangen der Herzen. Christinnen und Christen gehen keine christliche Ehe ein, weil sie besser ist als andere Ehen, sondern weil sie ihre Ehe in ihren christlichen Glaubens- und Lebensstil integrieren wollen.

Teilfrage (3): Vorrangig vor allen erhofften „Früchten“ ist die Tatsache, dass sie ihre eheliche Verbindung vorbehaltlos eingehen, entsprechend pflegen und Verantwortung füreinander und für ihre Kinder tragen. Dies ist keine speziell christliche, sondern eine allgemein menschliche Forderung.

Teilfrage (4): Das ist eine Frage an Spezialisten. Unklar ist, welches Interesse sich hinter dieser Frage verbirgt. Nichtspezialisten verstehen den Begriff der „Natürlichen Ehe“ nicht.

Frage 7:
Der auf Christus gerichtete Blick eröffnet neue Möglichkeiten. «Denn jedes Mal, wenn wir zur Quelle der christlichen Erfahrung zurückkehren, dann öffnen sich neue Wege und ungeahnte Möglichkeiten» (Nr. 12). Wie wird die Unterweisung in der Heiligen Schrift im Hinblick auf die Familienpastoral genutzt? Inwieweit nährt ein solcher Blick eine mutige und treue Familienpastoral?

Kurzantwort:
Deutschland hat in den vergangenen Jahrzehnten eine Neuentdeckung der Schrift erlebt. Diese Neuentdeckung hat aber auch zur kritischen Instanz gegenüber der kirchenoffiziellen Ehelehre geführt. Es bestehen daran Zweifel, dass sich die Bischofssynode dem biblischen Zeugnis in seiner ganzen Breite stellt.

Ausführliche Antwort:
Bei Studientagen, Seminaren, Gesprächen, Vorträgen oder Predigten über Fragen von Sexualität, Ehe und Familie wird regelmäßig und intensiv auf die Heilige Schrift zurückgegriffen. Dabei zeigt sich, dass die kirchliche Lehre die biblischen Perspektiven eingeschränkt hat. Das verwundert nicht, denn die aktuelle Ehelehre ist ein Kind des Mittelalters. In der Regel bemühen sich die Verantwortlichen darum, dass die ganze biblische Erfahrungsbreite zu Sexualität, Ehe und Familie zur Sprache kommt.

Dazu gehören auch viele Passagen, die in den vorbereitenden Papieren der Bischofssynode 2015 nicht erwähnt werden. So etwa das Hohelied, die zahlreichen biblischen Berichte von Ehebrüchen und „illegitimen“ Nachkommen, insbesondere auch die dramatische Geschichte von Sarah und Hagar, also von Isaak und Ismael.

Als unerträglich wird die Tatsache empfunden, dass die neutestamentlichen Fälle akzeptierter Ehescheidung (Mt 5,32; 19,9; 1 Kor 7,15) verschwiegen werden. Diese Untreue zum Evangelium ist offensichtlich durch ein falsch verstandenes Sakramentsverständnis der Ehe verursacht.

Frage 8:
(1) Welche Werte der Ehe und der Familie betrachten die Jugendlichen und die Eheleute als in ihrem Leben umgesetzt? Und in welcher Form?
(2) Gibt es Werte, die ans Licht gebracht werden können? (vgl. Nr. 13)
(3) Welche sind die Dimensionen der Sünde die zu vermeiden und zu überwinden sind?

Kurzantwort:
In der Regel bejahen junge heiratswillige Leute eine vorbehaltlose und verantwortungsbereite Liebe mit der Absicht, immer beieinander zu bleiben. Die meisten von ihnen möchten Eltern werden. Viele müssen noch die Gabe des Verstehens und der Vergebung lernen. Zu überwinden ist Lieblosigkeit in all ihren Formen.

Ausführliche Antwort:
Bei der übergroßen Mehrheit der Jugendlichen (und der jungen Eheleute), die sich für das Christsein entschieden haben, gelten unbestritten die Werte der bedingungslosen Treue, der gegenseitigen sexuellen Ausschließlichkeit und der Bereitschaft, Kinder als die Frucht ihrer Liebe zu akzeptieren. Sie werden die Zahl ihrer Kinder jedoch genau planen.

Teilfrage (1): In der Regel werden sie nicht einfach behaupten, sie hätten gewisse Werte in ihrem Leben schon umgesetzt. Sie haben gelernt, dass diesen Idealen die Wirklichkeit eines Lebens gegenüberstehen, das von massiven sozialen und ökonomischen Zwängen ebenso bestimmt ist wie von seelischen Dispositionen und dem Konsens mit Partnerin oder Partner. Ihnen ist stärker als früher bewusst, dass ihre Ehen oft massiven Belastungen ausgesetzt sind, dass sie ihrem Kinderwunsch nur dann nachgeben sollten, wenn sie den Kindern ein gutes Elternhaus bieten können. Unter Umständen wissen Frauen klarer als früher: Schwangerschaft und Geburt können ihre Gesundheit massiv bedrohen und eine hohe Anzahl von Kindern übersteigt die Anforderungen der modernen Kleinfamilie. Deshalb wissen sie, dass auch gute Ehen aus verschiedensten Gründen zerbrechen können.

Teilfrage (2): Im Rahmen einer komplexeren Gesellschaft ist das Wertebewusstsein junger Menschen entschieden komplexer geworden. Deshalb ist es wichtig, dass junge Menschen nicht mit statischen Werte- oder Tugendkatalogen überschüttet werden. Wichtig ist aber auch, dass sie lernen, dass sie immer lernbereit sein müssen. Regeln können und müssen sich ändern. Unerwartete Situationen können eintreten. Viele müssen deshalb lernen, ihrem eigenen Gewissen und dem Partnergewissen zu vertrauen; sie müssen zu einem Paargewissen werden und später ein Familiengewissen aufbauen.

Teilfrage (3): Jungen Menschen muss bewusst werden, dass auch eine starke Liebe gegen Egoismus, gegen die Widerstände einer unreifen Psyche oder Untreue und Verführung durch Dritte nicht gefeit ist. Zugleich ist eine jede Fixierung auf Fragen der Sexualität zu vermeiden, denn Zusammenleben, Ehe und Familie betreffen das Leben von Menschen ganzheitlich. Gefährdet werden die Lebensformen durch alle Fehlhaltungen und Fehlhandlungen, die eine Gemeinschaftsbildung unmöglich machen oder verletzen. Dieser Hinweis ist wichtig, denn auch heute ist die Seelsorge von sexualfeindlichen Reflexion nicht frei; Sexualität wird dann grundsätzlich als eine bedrohliche, gefährliche Größe gesehen.

In einer säkularisierten Gesellschaft hat der formal verwendete Begriff der Sünde seine Aussagekraft verloren. Sprechen wir deshalb konkret von Untreue oder Betrug, Demütigung oder Missbrauch, von Kindesmisshandlung oder Partnerhass, von Herzenshärte und der Unfähigkeit zu verzeihen.

Frage 9:
Welche humane Pädagogik sollte – in Übereinstimmung mit der göttlichen Pädagogik – angewandt werden, um besser zu verstehen, was von der Pastoral der Kirche im Hinblick auf das Wachstum im Leben der Paare hin auf eine zukünftige Ehe gefordert wird? (vgl. Nr. 13).

Kurzantwort:
Man kann nur ahnen, was mit humaner und göttlicher Pädagogik gemeint ist; für viele ist diese Sprache unverständlich. Die Kirche sollte nicht meinen, ihr stehe eine besondere und „göttliche“ Ehemoral zur Verfügung. Alles Gelingen auch einer christlichen Ehe hängt von der Einübung einer bedingungslosen Liebe zwischen zwei Menschen ab. Deshalb sind Begriffe wie humane und göttliche Pädagogik zu vermeiden.

Ausführliche Antwort:
Mit den Worten von humaner und göttlicher Pädagogik wird ein traditioneller Begriff missverstanden und banalisiert. Mit göttlicher Pädagogik meint die Tradition keine Erziehungslehre im modernen Sinn des Wortes, sondern Gottes für Menschen undurchsichtiges Handeln, indem Gott den Menschen z. B. Leid und Elend schickt, um sie zur wahren Gottergebenheit zu erziehen. Gemeint sind also eine Pädagogik, die von Menschen kommt und eine Erziehungslehre, die auf dem christlichen Glauben gründet.

Es ist nicht sinnvoll, hier die Grundprinzipien einer „humanen Pädagogik“ zu entfalten. Seelsorger und Prediger sollten gute Pädagogen sein, die zutiefst menschliche Werte darlegen können: Mündigkeit und Verantwortlichkeit, Fähigkeit zu Solidarität und Empathie, die Bereitschaft zu hören und sich selbst zu korrigieren.

Der Einschub „in Übereinstimmung mit der göttlichen Pädagogik“ ist verräterisch. Es besagt nämlich, eine humane Lebensanweisung sei von den Kriterien einer höheren Lebensanweisung her zu überprüfen. Diese Voraussetzung ist falsch. Eine christliche Pädagogik lässt sich nur als eine zutiefst humane Pädagogik legitimieren. Alle Überzeugungskraft der christlichen Botschaft (die hier „göttlich“ genannt wird) liegt in ihrer radikalen Humanität, die in jeder Epoche neu zu justieren ist.

Frage 10:
Was ist zu tun, um die Größe und Schönheit der Gabe der Unauflöslichkeit aufzuzeigen, damit das Verlangen hervorgerufen wird, sie zu leben und sie immer mehr aufzubauen? (vgl. Nr. 14)

Kurzantwort:
Es geht um die Gabe die Bereitschaft zu einer unbedingten Treue, die von beiden Partnern zu schenken bzw. zu erwidern ist. Man kann zeigen, wie „schön“ es ist, wenn eine Gemeinschaft ein Leben lang hält. Unauflöslichkeit, wie die offizielle Kirche sie erwartet, ist zur harten juristischen Kategorie degeneriert. Barmherzig wäre es, diese unbarmherzige Kategorie aufzugeben.

Ausführliche Antwort:
Die Referenznummer 14 der Lineamenta gibt die biblische Botschaft von der „Unauflöslichkeit“ verengt und einseitig wieder. Wer die Schrift ernst nimmt, muss die kirchliche Ehelehre modifizieren. Aus den Jesusworten folgt der Aufruf zu vorbehaltloser Treue (Mt 19,6: „Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen“), also das Verbot, eine Ehe leichtfertig zu scheiden. Gemäß den Ehebruchsklauseln von Matthäus (5,23 und 19,9) und der Klausel schwerwiegender Glaubensdifferenzen bei Paulus (1 Kor 7,15) gibt es Gründe, die eine Trennung rechtfertigen. Solange die katholische Kirche diese Klauseln verdrängt, werden ihre Berufung auf Jesu Wort, auf die Schrift und auf die Analogien zwischen Himmelreich und Hochzeitsmahl unglaubwürdig.

Die übergroße Mehrheit der Katholikinnen und Katholiken versteht und akzeptieret mühelos, dass diese Treue auch Leid und Schwierigkeiten überstehen muss; sie kann nicht egoistischen Regeln unterworfen werden.

Das wahre Problem gegenwärtiger Ehepastoral liegt darin, dass viele den juridisch festgehämmerten Bleibezwang und dessen unmenschliche Konsequenzen fürchten; denn Ehen können faktisch zerbrechen. Zudem hängt sie immer vom Konsens zweier Menschen ab. Das Problem eines moralischen, sozialen oder psychischen Todes einer Ehet wird verdrängt.

Frage 11:
(1) Auf welche Weise könnte man verstehen helfen, dass die Beziehung zu Gott es gestattet, die Schwächen zu überwinden, die auch in die ehelichen Beziehungen eingeschrieben sind? (vgl. Nr. 14).
(2) Wie kann bezeugt werden, dass der Segen Gottes jede wirkliche Ehe begleitet?
(3) Wie zeigt man auf, dass die Gnade des Sakramentes die Brautleute auf ihrem ganzen Lebensweg unterstützt?

Kurzantwort:
Eine intensive Vertrauensbeziehung zu Gott kann viele Schwächen, vielleicht auch die ehelichen überwinden. Gott wohnt überall, wo die Güte und die Liebe wohnt.

Ausführliche Antwort:
Teilfrage (1): Auch in normalen Pfarrgemeinden gibt es Beispiele von Menschen, deren starker Glaube sich in der Weise zeigt, wie sie mit „Schwächen“, also mit ihren eigenen Schwierigkeiten umgehen, ohne daran zu zerbrechen. Diese Fähigkeit bezieht sich nicht nur auf „Schwächen“ in der Ehe, sondern muss in der allgemeinen Lebensführung schon ausgebildet sein.
Außerdem können und sollten Gemeinden die Kraft des Vertrauens und der unerschöpflichen Hoffnung ausstrahlen, die sie aus ihrem Glauben schöpfen. Sie können ferner die strauchelnden Partnerschaften und Ehepaare in und mit ihren Schwächen in ihre Mitte aufnehmen und zeigen, dass auch sie mit solchen Schwächen ihr gemeinsames Leben führen. Der Segen Gottes kann am besten durch das Glück und die Selbstverständlichkeit bezeugt werden, denen eine glückliche Ehe gelingt, ohne dass sie dieses Glück aufdringlich oder missionarisch nach außen dokumentieren.

Teilfrage (2): Man kann das nur durch die eigene Lebensführung bezeugen (s. Teilfrage (1)). Die Frage lässt unklar, was unter einer „wirklichen“ Ehe zu verstehen ist.

Teilfrage (3): Dafür gibt es keine Mittel und Techniken. Der Frage nach der Gnade des Sakraments ist zwar verständlich, aber in diesem Zusammenhang nicht ungefährlich. Die im Konzil von Trient bestätigte Überzeugung, dass das Sakrament der Ehe den Eheleuten in besonderer Weise hilft, wurde oft in die Behauptung überführt, kraft der Gnade Gottes zerbreche eine sakramental geschlossene Ehe nicht, wenn die Eheleute nur treu ihre Pflichten erfüllen. In der Praxis führte dieser Satz dann zum unbarmherzigen Umkehrschluss, für das Zerbrechen einer Ehe seien in jedem Fall die Eheleute selbst schuld. Damit wird der Gedanke des Sakraments zu einem Mittel der Schuldzuweisung degradiert.

Frage 12:
Wie kann man verständlich machen, dass die christliche Ehe der ursprünglichen Absicht Gottes entspricht und auf diese Weise eine Erfahrung der Fülle und eben keine Erfahrung der Grenze ist? (vgl. Nr. 13)

Kurzantwort:
Die „christliche Ehe“, wie die katholische Kirche sie versteht, enthält einige Bestimmungen, die der Absicht Gottes nicht entsprechen. Genau sie bringen unnötige Grenzerfahrungen mit sich.

Ausführliche Antwort:
Aus biblischer Sicht geht es primär nicht um eine spezifisch christliche Ehe, sondern um die „natürliche“, dauerhafte Verbindung von Mann und Frau überhaupt. Das Jesuswort „Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen“ (Mt 19,6) verweist auf die Schöpfungsgeschichte, nicht auf ein christliches Ehesakrament.

Die Intention Jesu war es wohl, diese ursprüngliche Schöpfungsabsicht wiederherzustellen. So hat er an die strenge moralische Verpflichtung der gegenseitigen Treue erinnert. Man kann aber nicht behaupten, er habe eine qualitativ neue Eheordnung gegeben. Dieses Konzept wird eher verdunkelt, sobald sich die Kirche auf diesem Gebiet zur Kontrolleurin der Gewissen aufwirft.

Der letzte Teil der Frage ist unverständlich; den Lesern erschließt sich der Gegensatz zwischen „Erfahrung der Fülle“ und „Erfahrung der Grenze“ nicht.

Frage 13:
Wie kann die Familie als die „Hauskirche“ (vgl. LG 11) gedacht werden, die Subjekt und Objekt der evangelisierenden Tätigkeit im Dienst des Reiches Gottes ist?

Kurzantwort:
Der Gedanke der Hauskirche wertet die Familien stark auf. Die Eltern übernehmen Aufgaben und Recht, die nach gegenwärtigem Verständnis den Priestern vorbehalten sind. Es ist höchste Zeit, dass die Familie aus dem Schatten der priesterlichen Ämter und Privilegien heraustritt.

Ausführliche Antwort:
Das Modell von der Hauskirche ist nicht eindeutig.
Wer von der jüdischen Praxis her denkt, sieht die Eltern in offizieller gottesdienstlicher Funktion. Sie leiten die Gebete und die Sabbatfeier, die der Eucharistie als Vorbild dient. Dieser urchristliche und altkirchliche Gedanke ist zu unterstützen. Wer von der Rolle der männlichen und weiblichen Hausvorstände bei Paulus ausgeht, sieht Häuser als die Wiege des Gemeindelebens. Lumen Gentium erinnert mit Augustinus daran, dass in der Familie die Menschen für die Kirche geboren werden, deren erste Glaubensboten die Eltern sind. Das ist ein ambivalentes Argument.

Wer diese Gedanken unterstützt, sollte konsequent mit der Erinnerung an den Tisch der jüdischen Familie beginnen. Er kann zum Modell des „gemeinsamen Priestertums“ werden, das vom Volk, nicht von den offiziellen Amtsträgern ausgeht. Der erste Ort der Eucharistie und des Osterfestes ist der Tisch des Hauses, keine öffentliche Kathedrale. Wenn dieser Gedanke zum Ausgangpunkt einer kirchlichen Erneuerung wird, sind die inneren Gewichtsverschiebungen unabsehbar. Dieser zentrale Gedanke muss zum Ausgangspunkt einer grundlegenden Reform der Kirche an Haupt und Gliedern werden, in der die aktuelle monarchische Struktur wieder auf funktionale Aufgaben reduziert wird.

Verräterisch, wenn nicht gar fatal ist die Bemerkung, die Familie sei „Subjekt und Objekt der evangelisierenden Tätigkeit im Dienst des Reiches Gottes“. Der Begriff „Objekt“ zeugt von einem obrigkeitlichen Selbstverständnis der offiziellen Kirchenorgane. Alle Christen hören, wenn sie denn Glaubende sind, die Botschaft des Evangeliums auf praktisch kreative Weise, indem sie sich nämlich auf die Nachfolge Jesu einlassen. Für solche, die das risikoreiche Lebensabenteuer einer Familie eingehen, gilt das auf intensivere Weise als für solche, die diesem zutiefst menschlichen Wagnis aus dem Wege gehen.

Frage 14:
Wie kann das Bewusstsein der missionarischen Verpflichtung der Familie gefördert werden?

Kurzantwort:
Im Sinne einer Werbung für den christlichen Glauben ist die Familie keine missionarische Institution.

Ausführliche Antwort:
Zu unterstützen ist der Grundgedanke: Eine jede christliche Lebensform kann eine werbende Wirkung entfalten, wenn sie Menschenfreundlichkeit, Gastfreundschaft, eine Atmosphäre der Solidarität ausstrahlt. In diesem Sinn einer selbstverständlich gewinnenden Präsenz ist nur zu hoffen, dass viele Familien „missionarisch“ wirken. Dies gelingt aber nur, wenn die Familien in eigenem Namen, kraft eigener Mündigkeit und Erfahrung etwas zu sagen haben.

Walter Kasper (Das Evangelium von der Familie, S. 45-53) fasst die Kernpunkte dieses Modells schön zusammen und erinnert an hoffnungsfrohe Entwicklungen in Lateinamerika, in denen diese Hauskirche zugleich als wertvolle Ergänzung der Kleinfamilie dienen kann. Hauskirchen, so Kasper, machen die Kirche vor Ort mitten im Leben präsent, ihnen ist der Glaubenssinn eigen; sie pflegen das Teilen des Brotes und des Wortes, beten gemeinsam, feiern den Tag des Herrn; sie sind Orte der Spiritualität, ihnen kommt eine eigene prophetische und missionarische Sendung zu.

Umso erstaunlicher ist, dass er vorschnell die Warnung hinzufügt: „Da der Heilige Geist der Kirche insgesamt gegeben ist, sollen sich die Hausgemeinden nicht sektiererisch von der größeren communio der Kirche isolieren (EN 58; 64; EG 29). Dieses ‚katholische Prinzip‘ bewahrt die Kirche vor dem Zerfall in einzelne autonome Freikirchen. Durch solche Einheit in der Vielfalt ist die Kirche gleichsam sakramentales Zeichen der Einheit in der Welt (LG 1; 9)“ (Kasper, S. 50). Sie dürften „nicht exklusive elitäre Gemeinschaften sein“ (Kasper, S. 52-53). Dieser Warnung müsste die viel wichtigere vorangehen, dass nämlich die Hierarchie nicht ständig versuchen darf, diese Hauskirche in ihrem angestammten, erfahrungs- und weltnahen Glaubensleben konsequent zu entmündigen und zu beschneiden.

Frage 15:
Die christliche Familie lebt unter dem liebenden Blick des Herrn und wächst in der Beziehung zu Ihm als echte Gemeinschaft des Lebens und der Liebe. Wie kann die Spiritualität der Familie entwickelt und wie kann den Familien geholfen werden, ein Ort des neuen Lebens in Christus zu sein? (vgl. Nr. 21)

Kurzantwort:
Vor allem ist dafür zu sorgen: Eine solche Spiritualität darf nicht ständig bzw. strukturell von Instanzen bevormundet werden, denen die Erfahrung eines Familienlebens mit seinem Reichtum und seinen Belastungen fehlt.

Ausführliche Antwort:
Die Frage geht von der paternalistischen Vorstellung aus, man müsse christlichen Familien bei der Entwicklung einer solchen Spiritualität helfen. Mehr denn je genießen christliche Familien den Vertrauensvorschuss, dass sie aus dem christlichen Glauben wichtige Kräfte beziehen. Andernfalls hätte sie – in einem säkularisierten Kontext – gar nicht geheiratet. Menschen also, die bestrebt sind, in der Nachfolge Jesu auch ihre Ehe zu leben, finden ohne weiteres Zutun von außen oder von oben ihre Lebensmitte in Christus. Eine jede Familie wird dies tun, wenn Frau und Mann in Christus ihre Lebensmitte suchen und finden.

Gewiss soll die Sorge um eine christliche Spiritualität immer wieder in Gemeinden und in Kursen besprochen werden. Aber die spezifische Qualität einer Familienspiritualität kann nicht in Ordinariaten und in Studierstuben entwickelt werden; sie muss in den Familien selbst wachsen und ihre spezifische Form erhalten.

Frage 16:
Wie können katechetische Initiativen entwickelt und gefördert werden, welche die Lehre der Kirche über die Familie bekannt machen und dabei helfen, sie zu leben, um die Überwindung der möglichen Distanz zwischen dem, was gelebt und dem was bekannt wird, zu fördern und Wege der Umkehr zu begünstigen?

Kurzantwort:
Diese spezielle Aufgabe kann guten Gewissens den Religionslehrerinnen und Religionslehrern überlassen werden.

Ausführliche Antwort:
In der Regel verfügen die Religionslehrerinnen und Religionslehrer, die an öffentlichen Schulen tätig sind, über eine pädagogisch und theologisch solide Ausbildung. Zugleich stehen sie in einem ständigen und existentiell intensiven Austausch mit Schülerinnen und Schülern, die ihre guten und schlechten Familienerfahrungen in die Lernprozesse einbringen.

Man kann also nicht erwarten, dass sie eine fertige und abgeschlossene „Lehre der Kirche über die Familie bekannt machen“. Hinter dieser Formulierung steckt wiederum ein paternalistisches Modell, das die kirchliche Lehre als eine Einbahnstraße der Belehrung versteht.

Das aktuelle Hauptproblem der Glaubensvermittlung in Sachen Ehe und Familie ist nicht die Diskrepanz zwischen dem, was gelebt und was gewusst wird, sondern zwischen dem, was die offizielle Kirche lehrt und was viele Glaubende in ihrem Alltagsleben erfahren.

Die Umfrageergebnisse des Jahres 2014 muss für die Kirchenleitungen Grund genug sein, um erst an der Basis des Glaubens zur Schule zu gehen und dann die offizielle Lehre zu korrigieren.

Frage 17:
Was wird unternommen, um den Wert der unauflöslichen und fruchtbaren Ehe als Weg der vollen persönlichen Verwirklichung verstehen zu können? (vgl. Nr. 21)

Kurzantwort:
Die Kirche sollte die Begriffe „unauflöslich und fruchtbar“ erst im Blick auf die Botschaft Jesu und die Gegenwart klären, bevor sie ihnen zentrales Gewicht beimisst.

Ausführliche Antwort:
Sieht man einmal von der abstrakten Kontextferne der offiziellen Ehelehre ab, sind die genannten Begriffe „unauflöslich“ und „fruchtbar“ die sensibelsten überhaupt.

Der Begriff „unauflöslich“ trägt ein verführerisches Pathos in sich, weil er alle Sehnsucht nach einer unverbrüchlichen, unbedingten und nie sterbenden Liebe in sich vereint. Er wirkt als Fokus eines unverbrüchlichen und unbedingten Ideals, das die christliche Tradition immer schon als jesuanisches Urgestein und als eine höchst kostbare Lebensweisung verstanden hat. Faktisch hat die katholische Tradition dieses geradezu eschatologische Ideal (= Zeichen der Liebe und der Nähe Gottes selbst) zur verhärteten Rechtsregel degenerieren lassen. Den aktuellen Begriff muss hart kritisieren, wer seine ursprüngliche Sache, nämlich die Kostbarkeit dieses Liebesideals, retten will.

Ähnliches gilt für den Begriff „fruchtbar“. Denn ebenso kostbar ist das mythische Genesiswort „Seid fruchtbar und mehret euch“, das frei ist vor aller Sexualitäts-, Leib- oder Frauenangst. Leider versteht der vorliegende Text Fruchtbarkeit im Sinne von Humanae Vitae, das zwar einen verantwortlichen Umgang der Eltern mit ihrer Kinderzahl einfordert („verantwortliche Lebensbejahung“), aber – Zeichen massiver Angst vor Geschlechtlichkeit – eine jede Form von Geburtenregelung als schwere Sünde verteufelt. Diese Pervertierung an sich vernünftiger Ausgangspunkte ist entschieden zu widersprechen.

Beide kirchenoffiziellen Kriterien einer vermeintlich christlichen Ehe sind gleichermaßen Ausdruck einer kirchenamtlichen Regel- und Kontrollsucht. Kontrollieren will die Hierarchie ausgerechnet eine Domäne des christlichen Lebens, von der sie keine Erfahrung haben darf. Dies mag ein Grund dafür sein, dass sie diesen Fragen so viel Aufmerksamkeit schenkt.

Sobald das christliche Eheverständnis von diesen beiden Entfremdungen befreit ist, erweist es sich als ein zutiefst menschliches und zutiefst natürliches, universalethisch verantwortbares Modell, für das überall zu werben die Mühe sich lohnt.

Frage 18:
Wie kann die Familie als ein in vielfacher Hinsicht einzigartiger Ort zur Verwirklichung der Freude am Menschsein dargestellt werden?

Kurzantwort:
Es genügt auf zwei Aspekte hinzuweisen: In einer (gelingenden) Ehe werden Menschen nie allein gelassen und in ihr werden die tiefsten Sehnsüchte eines Menschen in einer unüberbietbaren, höchst intimen, oft ekstatischen Leiblichkeit erfüllt.

Ausführliche Antwort:
Sehen wir von ausführlichen anthropologischen und psychologischen Ausführungen ab, bedarf es hier keiner näheren Begründungen, weil schon die menschliche Sehnsucht nach Liebe, Gemeinschaft und sexueller Erfüllung allgemein gegenwärtig und nicht bestritten sind. Natürlich erweist sich die Familie durch ihre Wirklichkeit selbst immer wieder als Ort der Freude, wenn auch oft als Ort der Mühen und des Leids. Beides gehört zusammen.
Erstaunlich ist nur, dass die Frage hier in dieser Ausdrücklichkeit gestellt wird. Offensichtlich verbirgt sie einen überlieferten Pessimismus und Moralismus, der vielerorts gegenwärtig ist und mit solchen Beschwörungen verbannt werden muss.

Frage 19:
Das II. Vatikanische Konzil hat die Wertschätzung für die natürliche Ehe zum Ausdruck gebracht und damit eine alte kirchliche Tradition erneuert. Inwieweit gelingt es der Pastoral in den Diözesen, auch diese Weisheit der Völker wertzuschätzen, die auch für die gemeinsamen Kultur und Gesellschaft grundlegend ist? (vgl. Nr. 22)

Kurzantwort:
Diese Wertschätzung müsste eigentlich selbstverständlich sein. Wer meint, eine katholische Ehe sei irgendwie „besser“ als diese normale Ehe, erliegt nur einem überheblichen Vorurteil und diskriminiert zahllose Menschen, die sich nach bestem Wissen und Gewissen den Ansprüchen einer vorbehaltlosen Gemeinschaft stellen.

Ausführliche Antwort:
Was hier als Errungenschaft des II. Vatikanischen Konzils dargelegt wird, ist in einer weithin säkularisierten Gesellschaft mit ihrer prinzipiellen Trennung von Kirche und Staat zur Selbstverständlichkeit geworden. Auf staatlicher Ebene, in der Öffentlichkeit und in der zivilen Gesellschaft, selbst im Zusammenleben christlicher Gemeinden ist der Unterschied zwischen nicht-christlicher und kirchlich geschlossener Ehe nahezu irrelevant geworden. Insofern hat das II. Vatikanische Konzil eine säkulare Entwicklung übernommen.

Diese Entwicklung bedeutet keinen Rückschritt, als ob hier christliche Regeln vergessen würden. Vielmehr zeigt sich, dass ursprünglich christliche Maßstäbe einer verantwortlichen Eheführung in das säkulare Bewusstsein übernommen wurden. Ausgenommen sind die schon genannten speziellen Anforderungen der „Unauflöslichkeit“ und der „Fruchtbarkeit“, die in Frage 17 kritisch besprochen sind.

Eine parallele Entwicklung lässt sich bei deutschen Katholikinnen und Katholiken auch am Wandel anderer sexualethischer Vorstellungen feststellen, die sich auf eine offizielle (kirchliche oder staatliche) Eheschließung beziehen. Vorehelicher Sexualverkehr, Zivilehe oder „Ehe ohne Trauschein“ gelten auch in christlichen Gemeinden nicht mehr als skandalös. Sie werden nach den Kernkriterien einer ehelichen Ethik, der bedingungslosen gegenseitigen Verantwortung der Partner, nach deren übrigen sozialen Tugenden und ihrer Bereitschaft beurteilt, gewordenes Leben zu schützen.

Als „Gegentest“ für die Konsistenz dieses (christlich legitimen) ethischen Bewusstseins kann die Tatsache gelten, dass die Akzeptanz eines vorehelichen Sexualverkehrs vom außerehelichen Sexualverkehr, also der ehelichen bzw. partnerschaftlichen Untreue streng unterschieden werden. Die überwiegende Mehrheit engagierter Katholikinnen und Katholiken beurteilt diese eheliche Untreue als nicht hinzunehmende ernsthafte Verfehlung.

Frage 20:
Wie kann man dabei helfen zu verstehen, dass niemand von der Barmherzigkeit Gottes ausgeschlossen ist und wie kann diese Wahrheit in der pastoralen Tätigkeit der Kirche im Hinblick auf die Familien, besonders den verletzten und schwachen gegenüber, ausgedrückt werden? (vgl. Nr. 28)

Kurzantwort:
Man muss nur konsequent barmherzig sein. Die Botschaft von der Barmherzigkeit Gottes gehört nach allgemeiner Überzeugung zum Kern des christlichen Glaubens. Die Frage müsste umgekehrt lauten: Wie kann man verstehen, dass die katholische Kirche in unbarmherzig rigider Weise mit Wiederverheirateten umgeht?

Ausführliche Antwort:
Die Botschaft von der Barmherzigkeit lässt sich sehr gut und überzeugend durch Gleichnisse Jesu (vom Suchen und Finden, vom Verlorenen Sohn) und durch andere Perikopen deutlich machen. Vor diesem Hintergrund muss die katholische Hierarchie einsehen, dass sie mit ihrer Auslegung der Unauflöslichkeit um die Ehe herum ein unbarmherziges, rechtlich rigides Lehrgerüst gebaut hat. Das macht die Hierarchie nach innen und nach außen unglaubwürdig.

Der aktuelle Vorschlag, mit geschiedenen Wiederverheirateten barmherzig umzugehen, löst diese Widersprüche nicht auf, sondern lässt sie umso schärfer hervortreten. Deshalb besteht die Gefahr, dass die kommende Bischofssynode langfristig in einem Fiasko und Autoritätsverlust endet, das dem von Humanae Vitae vergleichbar ist.

Frage 21:
Wie können die Gläubigen gegenüber denen, die noch nicht zum vollkommenen Verständnis des Geschenks der Liebe Christi gelangt sind, eine Haltung der Annahme und der vertrauensvollen Begleitung zeigen, ohne jemals auf die Verkündigung der Erfordernisse des Evangeliums zu verzichten? (vgl. Nr. 24)

Kurzantwort:
Was ist mit dieser verschleiernden Frage gemeint?
Wenn sie auf den Unterschied zwischen der kirchlichen und anderen Formen der Heirat abhebt, ist sie umzukehren: Wann endlich begreift die offizielle Kirche, dass ihre Maximalforderungen an eine „gültige“ Ehe vom Evangelium her nicht erforderlich sind?

Ausführliche Antwort:
Die offizielle Kirche tritt hier mit einem überzogenen Selbstanspruch auf. Im angegebenen Referenztext (Lineamenta 24) nennt sie sich „verlässliche Lehrerin und fürsorgliche Mutter“. Diese Anmaßung steht dem kirchlichen Lehramt nicht zu; die Kirchenväter meinen mit solchen Ausdrücken die Kirche in ihrer Gesamtheit. Ebenso ungerechtfertigt und ökumenisch überheblich ist die Behauptung, für die Getauften gebe es „kein anderes als das sakramentale Eheband“. Ferner spricht der im Referenztext zitierte schöne Text von Papst Franziskus (Evangelii gaudium, 44) nicht von der Begleitung (vermeintlich) mangelhafter, weil nicht-sakramentaler Ehen: er erklärt ganz allgemein, Menschen seien immer mit Barmherzigkeit und Geduld zu begleiten.

Aus biblischer, dogmen- und pastoralgeschichtlicher Perspektive ist die eigenwillige Anwendung dieses Zitats auf das Fehlen einer kirchlichen Eheschließung unangemessen. Die Überzeugung, unter Getauften sei ein jedes Zusammenleben ohne kirchlichen Trauschein unerlaubt, wenn nicht gar schwere Sünde, hat sich erst im zweiten Jahrtausend u.a. deswegen eingestellt, weil die Kirche meist die einzige öffentlich anerkannte Instanz war, die eine Ehe als gültigen Rechtsakt feststellen konnte. Vor diesem Hintergrund löst sich die Voraussetzung auf, die die gestellte Frage erst ermöglicht. Sie hat mit den „Voraussetzungen des Evangeliums“ nur wenig zu tun.

Unbestritten bleiben dabei der hohe Wert und tiefe Sinn einer kirchlich vollzogenen Eheschließung. Deshalb kann die Kirche auch dafür werbend eintreten. Doch kann dieser Gesichtspunkt nicht die moralischen Beurteilung eines (ehelichen) Zusammenlebens berühren. Vom Standpunkt ethischer Anforderungen und des persönlichen Gewissens aus gibt es zwischen einem kirchlichen, einem nichtkirchlichen und einem individuell verbürgten Zusammenleben prinzipiell kein „besser“ und „schlechter“. Dass manche ihre Ehe ausdrücklich unter das Siegel ihres christlichen Glaubens stellen, muss also keinen objektiven ethischen Mehrwert begründen.

Damit wird nicht in Abrede gestellt, dass vieles für eine öffentlich-rechtliche und eine offiziell kirchliche Dokumentation einer Ehe spricht, die schließlich auf Stabilität angelegt und für den inneren Aufbau einer Gesellschaft von hoher Bedeutung ist.

Frage 22:
Was kann im Fall der verschiedenen Formen von Verbindungen – in denen verschiedene menschliche Werte festgestellt werden können – getan werden, damit die Männer und Frauen von Seiten der Kirche den Respekt, das Zutrauen und die Ermutigung, im Guten zu wachsen spüren, und wie kann ihnen geholfen werden, zur Fülle der christlichen Ehe zu gelangen? (vgl. Nr. 25)

Kurzantwort:
Die Frage ist ebenso unklar gestellt wie Frage 21.
Moralische Appelle sind unangebracht. Prinzipiell muss die Seelsorge Menschen als mündige Personen ernst nehmen und nur das Beispiel kirchlich geschlossener Ehen, denen ein volles Glück gegönnt ist, kann zu einer kirchlichen Heirat einladen.

Ausführliche Antwort:
Von Seiten der offiziellen Kirche lässt auch diese Frage alle selbstkritische Hörbereitschaft vermissen.
Aus sachlichen Gründen, nicht auf Grund einer besonderen Barmherzigkeit sind zunächst alle gelebten Formen des Zusammenlebens geschwisterlich und ohne Vorbehalte als Äußerung menschlichen Lebens zu akzeptieren. Es reicht völlig, sie unter die Kriterien gegenseitigen Respekts, unverbrüchlicher Treue, gegenseitiger Verantwortung und des Schutzes von heranwachsendem Leben zu stellen. Es liegt nahe, dass engagierte Christinnen und Christen dieses Zusammenleben in aller Form auch vor dem Forum der Kirche bezeugen und darin eine Vollendung ihres Lebensprojekts erfahren.

Frage 23:
Wie wird die Dimension der Familie in der Ausbildung der Priester und der anderen in der Pastoral Tätigen behandelt? Werden dabei die Familien selbst einbezogen?

Kurzantwort:
Die Familienpastoral spielt in der Ausbildung von Priestern und pastoralen Mitarbeitern eine wichtige Rolle. Solange die Priester noch nicht heiraten dürfen, bleibt eine große pastorale Erfahrungslücke bestehen.

Ausführliche Antwort:
Die Familie ist ein in den Ausbildungsgängen (in Sakramentenlehre, Ethik und Pastoral) verankertes Thema. Viele Priester und pastorale Mitarbeiter haben gelernt, Ehe- und Familienprobleme mit großem Einführungsvermögen und großem innerem Respekt zu behandeln. Umso schärfer wird die Diskrepanz zwischen dieser menschennahen Mentalität vor Ort und den höheren Instanzen, die sich an die offiziellen dogmatischen und rechtlichen Regelungen zu halten haben.

Manche Seelsorgerin und mancher Seelsorger kann diese Spannung nur mit innerer Trauer und Resignation ertragen. Anders gesagt: Die offizielle Kirche schafft in ihrer rigiden Haltung Probleme, die auch eine noch so gute pastorale Ausbildung nicht bewältigen kann. Es ist Aufgabe der Kirchenleitungen, mit ihrer eigenen Vergangenheit ins Gericht zu gehen.

Frage 24:
(1) Ist man sich dessen bewusst, dass die schnelle Entwicklung unserer Gesellschaft eine
beständige Aufmerksamkeit im Hinblick auf die Sprache der pastoralen Kommunikation erfordert?
(2) Wie kann man wirksam den Vorrang der Gnade bezeugen, damit das Leben der Familie als Annahme des Heiligen Geistes geplant und gelebt werden kann?

Kurzantwort:
Diese Frage greift zu kurz. Die vermisste Sprachkompetenz ist kein technisches Problem, sondern Folge einer Erfahrungsferne. Die unverständlich formulierte zweite Teilfrage beweist in sich schon diesen Kompetenzmangel.

Ausführliche Antwort:
Die Frage unterschätzt das Problem in dramatischer Weise.

Teilfrage (1): Es geht nicht darum, dass sich unsere Gesellschaft schnell entwickelt und wir mit unserer Sprache den Entwickelungen nacheilen, so wie Eltern sich ständig in die Redeweise ihrer Kinder einhören müssen. Die Aussage, „Wir haben die Sprache verloren!“, ist inzwischen zum gängigen Klischee geworden. Stattdessen müsste die offizielle Kirche sagen: „Wir haben überhaupt keinen Zugang mehr zu den Erfahrungen, Fragestellungen und Herausforderungen, mit denen junge Leute in Sachen Sexualität, Ehe und Familie konfrontiert sind. Die tiefgreifenden kulturellen Entwicklungen, die damit zusammenhängen, sind an uns vorbeigegangen.“ Das Problem liegt nicht in einer Sprache, die durch eine intensivere Schulung verbessert werden könnte, wie man seine Kenntnisse einer Fremdsprache verbessert. Anders gesagt: Vielleicht sind die aktuellen Sprachprobleme Folge einer Mumifizierung unseres Glaubens, der – gerade in Fragen der Sexualität und der Ehe – nachweislich immer noch mittelalterlichen Vorstellungen von Mensch, Gesellschaft und Welt verhaftet ist. Dieses Problem wurde seit Jahrzehnten verdrängt, ungezählte Male thematisiert und von der Hierarchie ignoriert. Es kann von der Bischofssynode 2015 wohl kaum aufgearbeitet werden.

Teilfrage (2): Diese oberflächliche Vorstellung von pastoraler Kommunikation zeigt sich in der geradezu technischen Art, wie hier vom „Vorrang der Gnade“ gesprochen wird oder der Möglichkeit, das Leben der Familie „als Annahme des Heiligen Geistes“ zu planen. Die Gnade wird zu einer Art Hilfsmittel degradiert und der Heilige Geist zu einer Art Garantie für eine bessere Lebensplanung. Dabei können wir von beiden nur sinnvoll reden, wenn ihnen konkret erfahrene Gnade und konkret erfahrene Bereicherung vorangegangen sind. Die Kirche muss sich endlich von ihrer verdinglichten Vorstellungswelt verabschieden

Frage 25:
Wie kann man bei der Verkündigung des Evangeliums der Familie die Bedingungen schaffen, damit jede Familie so sei, wie Gott sie gewollt hat und in ihrer Würde und Sendung gesellschaftlich anerkannt wird? Welche „pastorale Bekehrung“ und welche weitergehenden Vertiefungen werden in dieser Richtung unternommen?

Kurzantwort:
Vorgängig zu allen Einzelregelungen müssen wir die Menschen darin stärken und ermutigen, dass sie auch in Familienfragen der inneren Stimme ihres Gewissens folgen.

Ausführliche Antwort:
Die Frage lässt offen, ob sie nach inneren oder äußeren Bedingungen fragt.

Allen inneren Bedingungen geht die Stärkung des eigenen Gewissens der betroffenen Personen voraus. Dieser Stimme müssen sie folgen können: nach sorgfältiger Beurteilung ihrer Situation, nach eingehender Beratung mit Personen ihres Vertrauen und im Wissen um ihre Verantwortung für Partner/in und Kinder. Die pastorale Bekehrung besteht darin, dass die Pastoral ihre Neigung aufgibt, die Menschen in allen Situationen ihres Lebens zu bevormunden.

Die destruktive Wirkung äußerer Bedingungen auf die Familie wird noch immer unterschätzt. Eine wichtige Ursache dafür liegt in der Tatsache, dass die Befreiungstheologie jahrzehntelang unterdrückt wurde, sodass sich ihre Grundimpulse außerhalb Lateinamerikas kaum auswirken konnten. Auch von den deutschen Bischöfen ist zu erwarten, dass sie den Geist von Evangelii gaudium aufnehmen. Die Frage spricht von „pastoraler Bekehrung“. Diese muss in einer langfristigen und tiefgreifenden Mentalitätsveränderung bestehen, die unsere Gemeinden verändert. Es geht um das Wohl von Menschen und um den gemeinsamen Weg mit den Notleidenden, erst dann um die Pflege christlicher Institutionen.

Frage 26:
Wird die Zusammenarbeit mit den sozialen und politischen Institutionen im Dienst der Familie in ihrer vollen Bedeutsamkeit erkannt? Wie wird sie tatsächlich umgesetzt? Von welchen Kriterien soll man sich leiten lassen? Welche Rolle können dabei die Familienvereinigungen spielen? Wie kann diese Zusammenarbeit auch von der offenen Anklage der kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Prozesse, welche die Realität der Familie bedrohen, getragen werden?

Kurzantwort:
Diese Zusammenarbeit wird in der Regel anerkennt und umgesetzt.
Das Bündel der Einzelfragen muss von kompetenten Spezialisten beantwortet werden.

Ausführliche Antwort:

Frage 27:
Wie kann man die Beziehung zwischen Familie, Gesellschaft und Politik zum Wohl der Familie begünstigen? Wie kann die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft und der Staaten für die Familie gefördert werden?

Kurzantwort:
Alle erwachsenen Mitglieder der katholischen Kirche haben zugleich einen politischen Auftrag. Diesem können sie umso nachhaltiger nachkommen, als sie zeigen können, dass das christliche Eheverständnis den allgemeinen Regeln einer humanen Ethik entspricht.

Ausführliche Antwort:
Unbestritten ist, dass Gesamtkirche und Ortskirchen, christliche Gemeinden und Einzelpersonen im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen politischen Auftrag haben. In Deutschland ist das Bewusstsein dafür in der Regel gut ausgebildet. Doch taucht immer wieder das Problem auf, dass der Einsatz für allgemeine familienfreundliche Regelungen (in Wirtschafts- und Lohnpolitik, in familienfreundlicher Sozial- und Steuergesetzgebung, in der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erziehungswesens) mit kirchlichen Interessen vermischt werden. Kinderreiche Familien sind auch in Deutschland stärker von Armut gefährdet als Familien mit einem oder zwei Kindern. Dies gilt auch für Familien mit Kindern im Vergleich zu kinderlosen Familien. Diesem Missstand sollten christliche Politiker zu Leibe rücken.

Dazu gehört auch die irrige, aber vielerorts herrschende Überzeugung, eine nach katholischen Regeln gestaltete Ehe sei die beste, die menschen- und gesellschaftsfreundlichste Regelung schlechthin. An diesem Punkt ist von kirchlichen Instanzen her mehr Selbstbescheidung geboten.

Frage 28:
(1) Wie können die Wege der Ehevorbereitung so gestaltet werden, dass sie die Berufung und
Sendung der Familie entsprechend dem Glauben an Christus hervorheben?
(2) Werden sie als Angebot einer echt kirchlichen Erfahrung umgesetzt?
(3) Wie können sie erneuert und verbessert werden?

Kurzantwort:
Die Sorge für eine gute Ehevorbereitung ist wichtiger denn je. Sie sollte nicht von kirchlichen Kadern, sondern nach Möglichkeit von erfahrenen und in der Gemeinde angesehenen Eheleuten versorgt und von allgemeinen Veranstaltungen in Bildungshäuern unterstützt werden

Ausführliche Antwort:
Im Zuge einer Gesellschaft, die sich rasant verändert, muss die Sorge für eine angemessene Ehevorbereitung – zumal von jungen Leuten – muss ständig überprüft und erneuert werden. Darauf ist nicht nur auf Diözesanebene, sondern auch auf der Ebene der Gemeinden zu achten.

Teilfrage (1): Die Ehevorbereitung muss von einer allgemeinen Besprechung der Grundlagen des christlichen Glaubens ausgehen. Eine christliche Eheschließung ist nur Paaren anzuraten, die einen im Glauben gereiften Eindruck machen und deren gegenseitige Treue eine gewisse Zeit erprobt ist. Umso wichtiger ist, dass ein Zusammenleben ohne christliche Heirat nicht einfach als Sünde oder als unvollkommene Lebensform verdammt wird. Besser eine offizielle Eheschließung nach zwei „Probejahren“ als eine kirchlich legitimierte instabile Beziehung.

Teilfrage (2): Vom ersten Tag des Zusammenlebens an müssen Zusammenlebende, zivil und/oder kirchlich Verheiratete in ihren Gemeinden hochwillkommen und so integrierbar sein, dass sich Kontakte mit Gesprächs- und Familienkreisen von selbst ergeben. So kann deutlich werden, dass eine kirchliche Eheschließung in Deutschland mehr denn je ein kirchliches Ereignis sein und bleiben sollte.

Teilfrage (3): Im Grunde können Formen und Wege der Ehevorbereitung nur erneuert werden, indem sich die Gemeinden selbst erneuern und zu Orten selbstverständlicher persönlicher Begegnung und gegenseitigen Interesses werden

Frage 29:
(1) Wie stellt die Katechese im Zusammenhang mit der christlichen Initiation die Offenheit für die
Berufung und Sendung der Familie dar? Welche Schritte werden als besonders dringlich erachtet?
(2) Wie kann der Zusammenhang zwischen Taufe – Eucharistie und Ehe dargestellt werden?
(3) In welcher Weise kann der katechumenale und mystagogische Charakter hervorgehoben werden, den die Wege der Ehevorbereitung oft haben müssen?
(4) Wie kann die Gemeinschaft in diese Vorbereitung einbezogen werden?

Kurzantwort:
Man kann zeigen: Der Beginn eines ehelichen Lebens, das unter christliche Vorzeichen gestellt wird, bringt eine grundlegende neue Besinnung auf die christliche Identität einer Person mit sich. Sie wird sich fragen: Wer bin ich als getaufter Christ/in, was bedeuten für mich Taufe und Eucharistie? Aber zwingend ist die Koppelung zwischen Taufe, Eucharistie und Ehe nicht.

Ausführliche Antwort:
Der Hintergrund dieser Frage liegt in der römisch-katholischen Lehre, die die Ehe als eine der sieben Sakramente betrachtet – eine Lehre, die seit Trient als dogmatische Wahrheit gilt. Aus biblischen Gründen ist dies keineswegs zwingend.

Teilfrage (1) ist unklar gestellt. Die Offenheit für die Familie gehört zum menschlichen Leben überhaupt. Es ist Sache der Getauften selbst, ihre spätere Lebensberufung zu erkunden und zu ergreifen. Stärker als früher sollte betont werden, dass ein christliches Leben immer die Bejahung des Lebens, des Leibes, der gegenseitigen Treue und der menschlichen Gemeinschaft beinhalten muss. Vielleicht ist die Gründung einer Familie die intensivste aller lebensbejahenden Existenzformen. Deshalb sollte die Familie mehr denn je als die Grundform eines christlichen, d.h. zutiefst menschlichen Lebens gesehen werden.

Teilfrage (2): Bevor die Synodenmitglieder auf die Suche nach geheimnisvoll inneren Zusammenhängen zwischen Taufe, Eucharistie und Ehe gehen, sollten sie mit der nüchternen Feststellung beginnen: Die Taufe gilt als der offizielle Akt der Aufnahme eines Menschen in die Kirche. Wer seinen Eheschluss also als Mitglied der Kirche und in ihrem Rahmen besiegeln will, kann dies nur als Mitglied dieser Kirche tun. Ein vergleichbarer elementarer Zusammenhang gilt für Eucharistie und Ehe. Es ist natürlich nicht sinnvoll, den kirchlichen Eheschluss als isolierten Akt zu vollziehen. Er muss auch als selbstverständliche Folge der Verbundenheit der Eheleute mit der Kirche stehen. Dazu gehört die regelmäßige Teilnahme an der Eucharistie.

Der Zusammenhang von Taufe, Eucharistie und Ehe muss differenziert dargestellt werden. Einerseits sind alle drei Ereignisse zeichenstarke Rituale, die das Handeln Gottes an uns Menschen in intensiver Weise darstellen und sich der religiösen Erfahrung einprägen; zudem haben sie sich in der Geschichte des Christentums als zentrale Kristallisationspunkte christlicher Heilserfahrung herausgestellt. Die weniger privilegierten Rituale werden „Sakramentalien“ genannt. Andererseits verführt die traditionelle katholische Dogmatik dazu, sieben herausragende Rituale unterschiedslos unter dem Begriff „Sakramente“ zusammenzufassen und zu erklären, sie seien von Christus eingesetzt.

Gegenüber dieser vereinfachenden Sicht der Dinge ist der höchst analoge Charakter dieser Sakramente herauszuarbeiten. Eine zentrale Rolle spielen unbestritten Taufe, Eucharistie und Vergebung der Sünden. Die Ehe – von Jesus nicht eingesetzt – kann nur im abgeleiteten Sinn ein Sakrament genannte werden. Die Überbetonung der Sakramentalität führt zu einer Vernachlässigung des zutiefst menschlichen, also vor- und außerchristlichen Charakters des Eheinstituts. Sie verführt zu einer überzogenen kirchlichen Kontrolle der Ehe von Christen. Vor diesem Hintergrund ist auch die Unterscheidung zwischen einer „natürlichen“ und einer „christlichen“ Ehe zu überprüfen, da sie mit einer ungerechtfertigten Herabstufung der „natürlichen“ Ehe verbunden ist. Letztere aber ist weltweit als die Normalsituation verheirateter Menschen zu sehen.

Teilfrage (3): Je nach Situation und Mentalität der Ehewilligen muss eine jede Ehevorbereitung mit allgemein menschlich-ethischen Themen beginnen; denn alle Kerntugenden und Kernsituationen einer Ehe sind zutiefst menschlicher Art. Sinnvollerweise folgt eine katechumenale Phase, die den Zusammenhang zwischen Eheerfahrungen und dem Glauben an Jesus Christus erschließt. Wenn eine mystagogische Phase bedeutet, dass die Ehewilligen ihre Pläne in Gebet und gottesdienstlicher Gemeinschaft vor Gott tragen, ist sie natürlich sinnvoll, sozusagen die Krone der Vorbereitung.

Frage 30:
Wird bei der Vorbereitung und bei der Begleitung der ersten Jahre des Ehelebens der wichtige Beitrag, den das Zeugnis und die Unterstützung von Seiten der Familien, Familienvereinigungen und Bewegungen leisten können, entsprechend wertgeschätzt? Welche positiven Erfahrungen können in diesem Bereich weitergegeben werden?

Kurzantwort:
Je größer eine Gemeinde ist und je mehr sie die Ausmaße einer XXL-Gemeinde annimmt, umso weniger kann diese sehr persönliche Begleitung geleistet werden. Es gibt eine abstrakte Wertschätzung, aber kaum ein hohes Interesse an der genannten Gruppierung.

Ausführliche Antwort:
Vermutlich lebt diese Frage kaum im Bewusstsein der katholischen Gemeinden. Die Begleitung innerhalb der Gemeinden funktioniert sicher, sofern sich die jungen Eheleute in einer Gemeinde schon vorher gut vernetzt haben oder sich bewusst mit anderen Kreisen oder Gruppierungen einer Gemeinde vernetzen. Nicht zu unterschätzen sind Netzwerke, die durch Kinder im vergleichbaren Alter, also über Kindergärten oder Schulen entstehen. Wichtig ist: Durch die Förderung von Gesprächskreisen, vielfältigen Arbeitsgemeinschaften oder einer angemessenen Festkultur sollte sich in den Gemeinden eine offene, sozial bewusste, demokratisch gesinnte und gesprächsfreudige Atmosphäre entwickelt, in die sich auch junge Eheleute mit ihren spezifischen Bedingungen mühelos integrieren können.

Eine hohe Wertschätzung genießen neben kirchlichen auch öffentliche Angebote, die in Krisenfällen von vielen aufgesucht werden. Es geht um öffentliche Beratungsstellen, um Individual- und Paartherapien, die wegen ihrer Professionalität ein hohes Ansehen genießen. Auf diesem Gebiet können kirchliche Einrichtungen kein Monopol beanspruchen.

Voraussetzung für das Funktionieren solcher Formen von Unterstützung und Begleitung ist in der Regel, dass die Paare selbst aktiv werden. Alle Aktivitäten, die zur Vorbeugung möglicher Krisen in den ersten Jahren eingerichtet sind, wecken eher Misstrauen. Junge Menschen wollen nicht bevormundet werden.

Frage 31:
Die Pastoral der Begleitung der Paare in den ersten Jahren des Familienlebens – so wurde in der Synodendebatte festgestellt – bedarf einer weiteren Entwicklung. Welches sind diesbezüglich die bedeutendsten Initiativen, die bereits durchgeführt wurden? Welche Aspekte sollten auf der Ebene der Pfarreien, der Diözesen oder im Bereich der Vereinigungen und Bewegungen verstärkt werden?

Kurzantwort:
In deutschen Gemeinden wird diese Aufgabe nicht als vordringlich erfahren.

Ausführliche Antwort:
Natürlich ist die Intensivierung nie vom Übel. Doch ist Vorsicht und Augenmaß geboten. In der Regel sind junge Familien von ihren Aufgaben in Familie, Beruf und Freizeit sehr in Beschlag genommen.

Viel wichtiger ist eine Aufgabe, die der gestellten Frage vorangehen sollte: Die Gemeinden Deutschlands sollten ihre immer noch starke Fixierung auf die amtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger überwinden. Sie müssen zu offenen, zugleich in sich ruhenden und gesellschaftsbewussten Gemeinden werden. Der Neigung der Kirchenleitung, auf jede Krise mit einem weiteren Bildungs- oder Kontrollorgan zu reagieren, ist zu widerstehen.

Frage 32:
Welche Kriterien für eine rechte pastorale Unterscheidung der einzelnen Situationen können im Licht der Lehre der Kirche, für welche die Wesenseigenschaften der Ehe Einheit, Unauflöslichkeit und Offenheit für das Leben sind, angedacht werden?

Kurzantwort:
Diese Frage beißt sich in den Schwanz, denn die ersten Kriterien müssen diese Wesenseigenschaften sein.

Ausführliche Antwort:
Diese Frage setzt drei Wesenseigenschaften voraus, die auf biblischer, theologiegeschichtlicher und anthropologischer Perspektive starker Differenzierungen bedürfen.

In Westeuropa führt die Einheit der Ehe nur zu wenigen Rückfragen. Nach westlichem ethischem Bewusstsein gilt die Einheit als Grundbedingung eines jeden Eheideals: zwei Menschen versprechen sich gegenseitig bedingungslos und ausschließlich. Das Neue Testament und große Teile des Ersten Testaments unterstützen diese These. In den kommenden Jahrzehnten muss diese Frage jedoch aus interkultureller und aus interreligiöser Perspektive neu aufgerollt werden.

Die Frage der Unauflöslichkeit wurde anlässlich der Fragen 0 und 20 schon diskutiert. Im Gegensatz zur Einheit der Ehe entstehen bei der Unauflöslichkeit so viele kritische Fragen, dass eine klare Antwort auf Frage 10 kaum möglich ist.
Die letzte der drei Wesenseigenschaften (Offenheit für das Leben) ist so vage formuliert, dass sich daraus keine klaren Folgerungen ableiten lassen.
Es wäre sinnvoller, von ausschließlicher Liebe, vorbehaltloser Treue und Verantwortungsbereitschaft für Kinder zu sprechen.

Vor diesem Hintergrund hat die Pastoral in erster Linie nach allgemein menschlicher Reife und seelischer Stabilität, nach innerer Entschlossenheit und dem Vermögen zu suchen, für sich und andere eine belastbare Verantwortung zu übernehmen. Diese Forderungen sind in die Dynamik innerer Prozesse einzuordnen, die eine stetige Annäherung an die genannten Ziele ermöglichen.

Frage 33:
(1) Ist die christliche Gemeinschaft in der Lage, pastoral in diese Situationen einbezogen

zu. werden?
(2) Wie ist sie dabei behilflich, diese positiven Elemente von jenen negativen im Leben von Menschen zu unterscheiden, die in ziviler Ehe verbunden sind, und sie auf dem Weg des Wachstums und der Bekehrung hin zum Sakrament der Ehe zu orientieren und zu unterstützen?
(3) Wie kann denjenigen, die nur zusammenleben geholfen werden, sich für die Ehe zu entscheiden?

Kurzantwort:
Eine gemeinschaftsfähige und gesprächsoffene Gemeinde (im Sinne der Frage 30) kann sich über die Qualität einer Ehe ein solidarisches und hilfreiches Urteil bilden. Daher sind die Begriffe „positiv“ und „negativ“ ebenso untauglich wie die Rede von der „Bekehrung“ zum Ehesakrament.

Ausführliche Antwort:
Teilfrage (1): Die ideale christliche Gemeinde kann die Lebenswege und Schicksale aller Mitglieder solidarisch mittragen und gegebenenfalls eine helfende Kritik äußern, die von den Betroffenen akzeptiert wird. Allerdings wird dies immer ein Ideal bleiben. Deshalb sind innerhalb einer Gemeinde jene Beziehungen zu unterstützen, die ein solches Verhalten ermöglichen. Dies ist sicher in zahllosen Gruppen der Fall. Wenn (kirchlich verheiratete und andere) Ehepaare Erfüllung, Zufriedenheit und positive Lebensressourcen ausstrahlen, werden sie ohne weitere Aktivitäten auf andere Paare werbend wirken.

Teilfrage (2): Sie kann zur heilsamen Beurteilung kritischer Situationen durch ihr Vorbild und durch offenherzige Gespräche hilfreich sein. Allerdings ist den Voraussetzungen dieser Frage entschieden zu widersprechen. Im Gegensatz zu kirchlich verheirateten Paaren spricht die Frage zivil verheirateten Paaren negative Elemente zu. Dem Weg zur kirchlichen Heirat wird u.a. ein Prozess der Bekehrung zugesprochen. Kurzum, der zivilen Ehe haftet immer noch ein Element des Sündhaften an, auch wenn dies nur verdeckt zur Sprache kommt. Das wirkt inkonsequent und unglaubwürdig. Aus biblischer Perspektive ist diese Perspektive falsch.

Teilfrage (3) zur Beurteilung derer, die ohne jeden Trauschein zusammenleben, lebt von derselben ungerechtfertigten Voraussetzung. Auch hier gilt, was bei Teilfrage (1) schon gesagt ist: Alle Ehepaare, die Erfüllung, Zufriedenheit und positive Lebensressourcen ausstrahlen, werden auf andere Paare werbend wirken.

Frage 34:
Welche Antworten sollen sodann auf die Problematiken gegeben werden, die sich aus der Fortdauer von traditionellen Formen der Ehe in Etappen oder der von Familien vereinbarten Ehe ergeben?

Kurzantwort:
Falls in dieser Frage etwa die afrikanische Kultur einer schrittweisen Initiation in die Ehe gemeint ist, steht Europäern darüber kein Urteil zu.

Ausführliche Antwort:
Über die Sitten anderer Kulturen sollte von Europa aus kein valides Urteil gefällt werden. Doch ist diese Frage auch für europäische Entwicklungen interessant. Es hat sich nämlich gezeigt: Die europäische Tradition des abrupten Übergangs von einer Geschlechtsbeziehung ohne jede körperliche Annäherung zu einer vollgültigen Ehe mit allen Konsequenzen verliert immer mehr ihre ethische Normativität. Es gibt inzwischen viele psychologisch und menschlich plausible Gründe für den schrittweisen Weg:
(a) von einer unbefangenen Einübung in die eigene Geschlechtlichkeit
(b) zu ersten Annäherungen an eine geschlechtlich attraktive Person, dann
(c) vom ersten ernsthaften Versuch eines stabilen Zusammenlebens
(d) zu einer rechtlich bindenden Form der Ehe,
(e) die ein Paar gemäß seiner eigenen religiösen Überzeugung in aller Form schließlich unter Gottes Schutz stellt.
Aus biblischen und theologischen Gründen kann dieser exemplarische Weg kaum als unchristlich diskriminiert werden.

Frage 35:
(1) Ist die christliche Gemeinschaft bereit, sich der verwundeten Familien anzunehmen, um sie
die Barmherzigkeit des Vaters erfahren zu lassen?
(2) Was können wir tun, um die sozialen und ökonomischen Faktoren, die sie oft bestimmen, zu beseitigen?
(3) Welche Schritte wurden im Hinblick auf das Wachsen dieser Tätigkeit und des missionarischen Bewusstseins, das sie trägt, unternommen; welche sind noch zu gehen?

Kurzantwort:
Diese Bereitschaft ist in Kooperation mit staatlichen Stellen in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen. Moralische und innerkatholische Kategorien über Scheidung und Wiederheirat spielen dabei praktisch keine Rolle.

Ausführliche Antwort:
Ausweichlich der Lineamenta sind mit „verwundeten Familien“ Getrenntlebende, Geschiedene, Wiederverheiratete und Alleinerziehende gemeint. Nach deutschem Sprachgebrauch verweist der Begriff in erster Linie auf die beschädigte Situation von Kindern, die es in allen genannten Kategorien geben kann. Doch ist dem Synodentext hier zuzustimmen, weil auch die betroffenen Eheleute in der Regel mit schweren inneren Verletzungen und seelischem Schmerz zu kämpfen haben.

Nicht zu bestreiten ist, dass die Akzeptanz solcher Personen in christlichen Gemeinden und in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit gewachsen ist. Der Hauptgrund liegt darin, dass sich nicht mehr moralisch oder gesellschaftlich geächtet werden. So werden etwa eher der Mut und die Energie alleinerziehender Mütter bewundert als vermutete Fehltritte getadelt.

Mit Recht wird ein differenzierter und hilfsbereiter Blick für diese sehr unterschiedlichen Situationen gefordert. Diese neue Zuwendung kann noch selbstverständlicher werden, wenn Ehescheidungen von der Kirche nicht mehr stigmatisiert und Wiederheirat nicht mehr durch kirchliche Sanktionen diskriminiert werden. Dies nicht zu tun ist keine Frage der Barmherzigkeit, sondern eine Frage des Rechts, das den betroffenen Personen kraft der biblischen und jesuanischen Botschaft zusteht.

Frage 36:
(1) Was kann getan werden, um auf der Ebene der Ortskirche gemeinsame pastorale Richtlinien
zu fördern?
(2) Wie kann der diesbezügliche Dialog unter den verschiedenen Teilkirchen „cum Petro et sub Petro“ gefördert werden?

Kurzantwort:
Eine plausible Vereinheitlichung setzt intensive Gespräche an der Basis voraus, damit gemeinsame Richtlinien nicht den Reichtum der Weltkirche zerstören.

Ausführliche Antwort:
Bevor das Projekt gemeinsamer Richtlinien angepackt wird, ist über die umstrittenen Fragen der katholischen Ehelehre und Ehepraxis ein biblisch begründetes und wissenschaftlich plausibles Einverständnis zu erzielen. Dabei können Korrekturen nicht ausbleiben.

Teilfrage (1): Das Projekt muss mit intensiven allgemeinen Gesprächen auf Gemeindebasis beginnen; dabei sind die Äußerungen der Gemeindemitglieder als ein Teil des untrüglichen Glaubenssinns des Gottesvolkes ernst zu nehmen. Dann müssen Repräsentanten der Gemeinden ihre Ergebnisse den Repräsentanten anderer Gemeinden mit dem Ziel vortragen, einen ersten Konsens zu erzielen, der kulturelle Besonderheiten durchaus akzeptieren kann. Dieser Konsens ist vom zuständigen Bischof zu bestätigen.

Bei diesen Gesprächen müssen Männer und Frauen beteiligt sein, die verheiratet, geschieden, wiederverheiratet, nur zivil getraut sind oder ohne jeden Trauschein zusammenleben. Unzulässig ist bei diesen zielorientierten Gesprächen der Verweis auf höhere Instanzen, die bestimmte Positionen nicht annehmen dürfen.

Teilfrage (2): Erst wenn diese Phase in allen Ortskirchen bzw. im Bereich der verschiedenen Bischofskonferenzen abgeschlossen ist, kann die Bischofssynode tätig werden. Sie hat unter theologischer, anthropologischer und kulturwissenschaftlicher Beratung die Ergebnisse zu inventarisieren und die gemeinsame christliche Basis herausarbeiten. Dass diese Meinungsbildung „cum Petro“, dem Bischof von Rom, geschieht, ist selbstverständlich. Falls der Bischofssynode eine solche Aufgabe anvertraut wird, muss sie ihre Beschlüsse als Entscheidungen eigenen Rechts vertreten können.

Frage 37:
Wie können die Prozesse zur Feststellung der Ehenichtigkeit zugänglicher, schneller und möglichst kostenlos gestaltet werden? (Nr. 48).

Kurzantwort:
Im allgemeinen Bewusstsein der katholischen Kirche in Deutschland genießen die Ehenichtigkeitsprozesse nur ein geringes Ansehen. Der Wille der entsprechenden Gerichte, den Wünschen der Betroffenen entgegenzukommen, hat deren Glaubwürdigkeit eher beschädigt.

Ausführliche Antwort:
Falls man die Ziele erreichen will, die die gestellte Frage impliziert, müssen Spezialisten nach Lösungen suchen. Doch ist nachdrücklich anzuraten, dass die Frage nach dem Sinn und der Plausibilität solcher Prozesse kritisch und selbstkritisch gestellt wird. Vermutlich bedarf die Klärung dieser Fragen lange Zeit.
Deshalb sollte sich die Bischofssynode für eine der folgenden vorläufigen Lösungsmöglichkeiten aussprechen:
(a) Im Regelfall können bei Wiederverheirateten die automatisch eintretenden Sanktionen durch bestimmte Verfahren aufgehoben werden.
(b) Die dogmatischen Festlegungen zur Unauflöslichkeit der Ehe werden gemäß den biblischen Vorgaben aufgegeben bzw. relativiert.
In beiden Fällen werden dann Ehenichtigkeitsprozesse auf ganz wenige Fälle reduziert.

Frage 38:
(1) Die Sakramentenpastoral im Hinblick auf die wiederverheiratet Geschiedenen bedarf
einer weiteren Vertiefung, bei der auch die Praxis der orthodoxen Kirche bedacht werden sowie «die Unterscheidung zwischen einem objektiven Zustand der Sünde und mildernden Umständen» (Nr. 52) gegenwärtig gehalten werden soll.
(2) Innerhalb welcher Perspektive kann man sich hier bewegen?
(3) Was sind die möglichen Schritte?
(4) Welche Vorschläge gibt es, um Formen von nicht notwendigen und nicht angezeigten Hindernissen zu umgehen?

Kurzantwort:
Die Praxis der orthodoxen Kirchen kann beim Fall einer Wiederheirat der katholischen Kirche vorläufig als Leitlinie dienen. Langfristig ist das Problem der Unauflöslichkeit im Sinne des Neuen Testaments zu lösen.

 

Ausführliche Antwort:
Zwei umstrittene Kernfragen spielen bei dieser Frage eine Schlüsselrolle: der sakramentale Charakter und die These von deren Unauflöslichkeit. Auch die Lineamenta für die kommende Bischofssynode setzen beide wie selbstverständlich und ohne jede Differenzierung voraus, obwohl aus biblischer und aus historischer Perspektive beide in der vorliegenden Form unhaltbar sind (vgl. Fragen 10 und 21).

Teilfrage (1):
(a) Nicht nur die Sakramentenpastoral, sondern vor allem der Sakramentsbegriff und dessen Anwendung auf die Ehe bedürfen einer Vertiefung. Die Ehe gehört nicht zu den Hauptsakramenten, ist also ein Sakrament zweiter Ordnung, im Vergleich zu den anderen Sakramenten (in der offiziellen Reihenfolge) das letzte und das jüngste, kein Christen- sondern ein „Standessakrament“, vom klassischen Sakramentsbegriff aus gesehen also ein Gerade-noch-Sakrament. Die reformatorische Beurteilung der Ehe hat gute Gründe auf ihrer Seite. Wenn dies beachtet wird, entspannen sich auch die Probleme einer Ehescheidung.
(b) Die Praxis der orthodoxen Kirche verdient vorbehaltlose Berücksichtigung. Wir wissen, dass das Konzil von Trient bei der Betonung der Unauflöslichkeit diese Praxis nicht verurteilen wollte. Also kann sie auch dem katholischen Eheverständnis nicht einfach widersprechen. Aus anderen Gründen wäre es nicht angemessen, eine Wiederverheiratung in jedem Fall mit einem Bußakt zu verbinden. Man sollte angemessener von einem Akt der Besinnung sprechen.
(c) Die offiziellen Dokumente des 20. Jahrhunderts nennen das Leben in einer zweiten Ehe wiederholt einen „objektiven Zustand der Sünde“. Diese Qualifikation ist abzulehnen, denn sie setzt ein verrechtlichtes und ein verdinglichtes Verständnis von Sakrament voraus. Zumindest peinlich wirkt die Rede von mildernden Umständen.

Teilfrage (2):
Man kann nicht erwarten, dass die Synode 2015 schon ein neues Einvernehmen zu Sakramentalität und Unauflöslichkeit der Ehe erzielt. Sie sollte aber dies zur Kenntnis nehmen: Unter den traditionellen, biblisch unhaltbaren Voraussetzungen kann eine Lockerung der geltenden Sanktionen, also die Zulassung zu den Sakramenten, nur neue Widersprüche hervorrufen. Dies hat ja die aktuelle Diskussion schon gezeigt. Deshalb ist eine vorläufige Lockerung der Bestimmungen annehmbar, wenn sie mit einer Selbstverpflichtung zur Revision der sakramentologischen Ehefragen in absehbarer Zeit einhergeht.
Im Gefolge einer schriftgemäßen Revision wird eine Versöhnung mit Wiederverheirateten auf Grund innerkirchlicher Gerechtigkeit stattfinden können. Die sehr fragwürdige Berufung auf kirchliche Barmherzigkeit gegenüber einem unbarmherzigen Sakrament kann entfallen.
Angesichts der verhärteten Gesamtproblematik sei ein grundsätzlicher Hinweis gestattet: Die unnachgiebige Härte, mit der die offizielle Kirche in undifferenzierter Weise auf der Sakramentalität der Ehe besteht, entspricht in auffälliger Weise dem offiziell kirchlichen Kontroll- und Regelungsanspruch in Eheangelegenheiten. Enzykliken regeln bis in letzte Kleinigkeiten das Sexualverhalten katholischer Eheleute, ein Katalog von Ehehindernissen ist systematisch ausgearbeitet, kirchliche Ehegerichte befinden über privateste Verhältnisse. Mit der künstlichen Unterscheidung zwischen sakramentaler Ehe und „Naturehe“ wird versucht, den Vorrang eines Ehesakraments vor der völlig natürlichen, also normalen Ehe zu retten, eine Sachbegründung des 1. Korintherbriefs zur weltanschaulich begründeten Zerrüttung einer Ehe wird zum (paulinischen) „Privileg“ hochstilisiert und später durch ein „petrinisches Privileg“ ergänzt. Dies alles geschieht im Namen der Sakramentalität der Ehe. Damit wird die Ehe nicht nur als hierarchisches Kontrollinstrument missbraucht, sondern auch der Gedanke des Sakraments selbst entwürdigt. Wenn ein Sakrament von Jesus selbst eingesetzt wurde, dann hat es seine eigene Würde, die auch keinem kirchlichen Zugriff unterliegt. Streng genommen müsste die Bischofssynode zu Fragen der Ehe und Familie mit einem Schuldbekenntnis und dem Vorsatz zur Bekehrung beginnen. In einem langanhaltenden Prozess vom 11. bis zum 20. Jahrhundert hat sich die katholische Kirche zur Herrin des christlichen Glaubens aufgeschwungen. Es ist Zeit, diesen Prozess umzukehren. Sonst behält Luthers Vorwurf recht, dass sich der christliche Glaube in einer babylonischen Gefangenschaft befinde.

Teilfrage (3):
Ein Verfahren zur vorläufigen Entspannung der unhaltbaren Situation hat Hermann Häring vorgeschlagen (Keine Christen zweiter Klasse, Freiburg 2014, S. 115-117):
Bis zur streng theologischen Klärung der anstehenden Fragen schlage ich (im Anschluss an Kardinal Kasper) eine vorläufige Regelung im Sinne eines „geistlichen Verfahrens“ … vor. Es hat die Gemeinderegel Mt 18,15-18 zum Vorbild, der zufolge geistliche Fragen vor Ort zu regeln sind; dies sollte im Geiste Jesu geschehen. Es erinnert die Möchtegernrichter an ihre eigene Schuld und weigert sich, die offiziell Beschuldigten zu verurteilen (Joh 8,3-11). Man könnte folgendermaßen vorgehen:

  • Nach sorgfältiger Überlegung ernennen ein Bistum bzw. eine Bistumsregion bis zu vier Mediatoren (Frauen und Männer), die im Bistum geistliches Ansehen genießen und im Umgang mit Menschen erfahren sind, nach Möglichkeit über psychologische oder therapeutische Fachkenntnisse verfügen und verheiratet sind.
  • Zusammen mit dem Diözesanbischof entwickeln die Mediatoren eine Liste von Kriterien, die ein »geistliches Verfahren« im Namen der Barmherzigkeit nicht zulassen. Dazu gehören:
    –    eine auffällig grobe, mit einseitigen egoistischen Motiven verbundene Schuld, die zum Scheitern der ersten Ehe und Familie geführt hat;
    –    ein allgemeines öffentliches Ärgernis, zu dem dieses Verhalten innerhalb und außerhalb der Gemeinde geführt hat und immer noch führt;
    –    nicht eingelöste moralische, rechtliche oder finanzielle Verbindlichkeiten gegenüber der ersten Ehe bzw. gegenüber den Kindern, die aus dieser Verbindung stammen;
    –    eine kurze Zeitspanne seit dem Scheitern der Ehe, in der zugefügte Wunden noch nicht geheilt und die entstandenen Ärgernisse noch nicht verarbeitet sind.

Sobald diese Bedingungen ausgeschlossen sind, kann das vorgesehene Verfahren eröffnet werden.

  • In der Regel wendet sich die von den Sakramenten ausgeschlossene Person zur Eröffnung des Verfahrens an den Pfarrer (bzw. an die zuständige gemeindeleitende Person). Er geht davon aus, dass sich die betroffene Person ernstlich um ein christliches Leben müht und sich am Leben ihrer Gemeinde beteiligt; diese Absicht schließt die Instrumentalisierung des Verfahrens für uneigentliche Zwecke aus. Bei der Eröffnung des Verfahrens nimmt die betroffene Person zu dieser Erwartung Stellung.
  • Der Pfarrer vermittelt einen Kontakt mit einem offiziell bestellten Mediator, auf Wunsch mit zwei Mediatoren. Sie führen mit der betroffenen Person ein eingehendes vertrauliches Gespräch über deren soziale, geistige und geistliche Situation, insbesondere über die Gründe und die Umstände, die zur Ehescheidung und einer neuen Ehe geführt haben bzw. zu einem neuen Ehevorhaben führen. Bei der Situationsbeurteilung spielt das Gewissensurteil der betroffenen Person die entscheidende, nicht zu übergehende Rolle.
  • Falls die betroffene Person eine intensivere spirituelle Klärung ihrer eigenen Situation wünscht, kann dies durch eine intensivere geistliche Begleitung geschehen. Falls sie zur persönlichen Erkenntnis kommt, dass sie an ihrer jetzigen Situation einen schuldhaften Anteil hat, der einer Vergebung bedarf, sollte sie darüber ein Beichtgespräch führen. Formal sind diese Schritte nicht Teil des hier besprochenen Verfahrens.
  • Die Mediatoren informieren die gemeindeleitende Person nicht über die konkreten Inhalte, sondern nur über das Ergebnis der Gespräche. Auf eigenen Wunsch kann die betroffene Person an diesem Informationsgespräch teilnehmen. Ziel des gesamten Verfahrens ist eine einvernehmliche Schlussfolgerung aller am Verfahren beteiligten Personen.
  • Sobald diese Schritte vollzogen sind, erklärt der Pfarrer schriftlich, dass die vorgeschriebenen Gespräche geführt wurden. Damit besteht kein Grund mehr, sie von den Sakramenten auszuschließen; ihr weiteres Verhalten ist allein ihrem eigenen Gewissensurteil überlassen. Einsprüche anderer Gemeindemitglieder sind zurückzuweisen.
  • Über die näheren Umstände des Verfahrens sowie über die Inhalte und konkreten Folgerungen der Gespräche herrscht nach Maßgabe des Beichtgeheimnisses strikte Vertraulichkeit.
  • Sollte die betroffene Person über dieses Verfahren hinaus auf einer offiziellen Nichtigkeitserklärung bestehen, oder sollte eine andere Person auf einem Einspruch gegen die Zulassung der betroffenen Person beharren, kann dies gemäß den vorgeschriebenen Regeln des Kirchenrechts geschehen.

Teilfrage (4):

Frage 39:
Erlaubt es die gegenwärtige rechtliche Regelung, im Hinblick auf die Herausforderungen, vor die uns die Mischehen und interkonfessionelle Ehen stellen, nützliche Antworten zu geben? Müssen andere Elemente berücksichtigt werden?

Kurzantwort:
Die unter christlichen Vorzeichen geschlossenen Mischehen sollten vorbehaltlos anerkannt werden. Interkonfessionelle Ehen sollten als vollgültige Ehen anerkannt werden, wenn die Ehepartner im Glauben an den einen Gott einander ihre ausschließliche und vorbehaltlos unverbrüchliche Treue versprechen.

Ausführliche Antwort:
Es sind ernsthafte theologische, keine bloß taktischen Gründe, die für eine vorbehaltlose Gleichstellung interkonfessioneller Mischehen sprechen. Ein grundlegender Perspektivenwechsel, der dem Ökumenismusdekret des II. Vatikanischen Konzils entspricht, muss dazu führen, dass Mischehen nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung des katholischen Lebens gewertet werden. Das Versprechen der katholischen Kindererziehung raubt den Christen anderer Konfessionen ihre Würde. Zu dieser ökumenischen Neuorientierung gehört, dass auch die nichtkatholischen Partner einer Mischehe zu katholischen Eucharistiefeiern zugelassen werden.

Dagegen sollte dem Plan einer interreligiösen Eheschließung – sofern diese vor einer kirchlichen Instanz geschehen soll – ein differenziertes Gespräch mit dem verantwortlichen Pfarrer oder einer anderen legitimierten Person vorausgehen. Geklärt sollte werden, dass beide Partner (a) an den Einen Gott glauben, (b) sich ausschließliche Treue und eine vorbehaltlose Liebe versprechen, die an keine Bedingungen geknüpft ist, (c) für Kinder, die sie bekommen, volle liebende Verantwortung übernehmen. Der interreligiöse Charakter einer solchen Ehe sollte nicht verschwiegen, sondern von der Gemeinde offen angenommen und als Bereicherung geschätzt werden.

Können die Heiratswilligen ein solches Einverständnis mit ihrem Gesprächspartner nicht erzielen, sollte von einer vollgültigen christlichen Eheschließung abgesehen werden. Ist der Ehewillen der beiden gleichwohl von religiösen Motiven getragen, kann ihnen in einem feierlichen Ritual der Segen gespendet werden. Ansonsten sind sie in einer Gemeinde mindestens so willkommen wie zivil Verheiratete und solche Paare, die ohne Trauung in ernsthafter Weise zusammenleben. Diese Praxis wird umso selbstverständlicher sein, als die Kirche die „natürliche“ Ehe als eine Institution ernstnimmt, die im Ersten Testament gutgeheißen und im Neuen Testament nicht verurteilt wird.

Frage 40:
(1) Wie richtet die christliche Gemeinschaft ihre pastorale Aufmerksamkeit auf Familien,
in denen Menschen mit homosexuellen Tendenzen leben?
(2) Wie kann man sich im Licht des Evangeliums um Menschen in diesen Situationen kümmern, und dabei jede ungerechte Diskriminierung verhindern?
(3) Wie kann man ihnen die Erfordernisse des Willens Gottes in ihrer Situation deutlich machen?

Kurzantwort:
Man soll den Betroffenen erklären, dass sie voll und vorbehaltlos, ohne jedes schlechte Gewissen, zu ihren homosexuellen Familienmitgliedern stehen dürfen und sollen. Eine homosexuelle Veranlagung und homosexuelle Handlungen sind keine Sünde(n), sofern die Würde anderer Personen und der Respekt vor ihnen gewahrt bleiben.

Ausführliche Antwort:
Trotz einer anderslautenden Tradition gibt es aus biblischer Perspektive in Verbindung mit einer zeitgemäßen seriösen Anthropologie keine Gründe für die Verurteilung von Homosexualität als Sünde. Die Kirche hat noch einen tiefgreifenden Lernprozess zu durchlaufen. Er betrifft die notwendige Versöhnung mit einer Anthropologie und einem damit verbundenen Bild von Sexualität, die nicht mehr auf biologistischen mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Annahmen aufbauen, sondern Sexualität als ein Beziehungsgeschehen auffassen, das die Zeugung von Kindern bei weitem überschreitet. Daraus ist zu schließen, dass sie in der Gemeinde keinerlei Beschränkungen zu unterwerfen sind.

Leider haben dies die Bischöfe und die Mitglieder der Bischofssynode 2015 auch noch nicht ansatzweise zur Kenntnis genommen. Die vorgelegte Frage enthält Implikationen, die aus biblischen, anthropologischen und menschenrechtlichen Gründen unannehmbar sind.

Der Umgang mit homosexuell orientierten Menschen wird eine Testfrage sein, an der zum Schluss die Bischofssynode insgesamt gemessen wird.

Teilfrage (1) beschränkt sich auf den Umgang mit Familien, zu denen Personen mit homosexueller Neigung gehören. Die Antwort kann nur lauten: Diese Familien und deren homosexuell orientierten Mitglieder verdienen den ganz normalen, vollen Respekt und die allseits gebotene Anerkennung, die Gemeindemitgliedern auch anderen Christinnen und Christen in der Gemeinde schulden. Zudem sind sie zu stärken und zu unterstützen, wenn andere Menschen ihnen mit Vorurteilen begegnen; gegebenenfalls sind diese zurechtzuweisen.
Erstaunlich ist die Tatsache, dass die Frage nicht direkt von homosexuellen Personen handelt, sondern auf deren Familien beschränkt wird. Damit werden die Präsenz von homosexuellen Frauen und Männern in Gemeinde und Öffentlichkeit bzw. der direkte Umgang mit ihnen tabuisiert. Dies entspricht nicht dem Freimut, mit dem eine Synode anstehende Fragen behandeln sollte.

Teilfrage (2) setzt – unter fälschlicher Berufung auf das Evangelium – voraus, Homosexuelle bedürften einer besonderen (christlich motivierten) Barmherzigkeit. Diese Art von Barmherzigkeit wirkt verletzend und diskriminierend. Sie muss bei Homosexuellen als den Betroffenen hinterhältig wirken. Eine jede Diskriminierung ist zu vermeiden.

Teilfrage (3) erübrigt sich. Im Gegenteil, unter Berufung auf den christlichen Schöpfungsglauben sind Anstrengungen zu unternehmen, die die traditionelle Diskriminierung von Homosexuellen überwinden.

Deshalb erwarten wir, dass sich die Bischofssynode für ein offizielles Schuldbekenntnis wegen aller Untaten einsetzt, die die katholische Kirche begangen, angeregt oder zugelassen hat. Die vorliegende Frage ist durch zwei andere Fragen zu ersetzen:
(a) Welche Schritte kann die christliche Gemeinschaft gehen, um die unselige Geschichte der Diskriminierung von Homosexuellen zu überwinden und deren unbegrenzte Wertschätzung in der katholischen Kirche durchzusetzen?
(b) Was kann die Kirche unternehmen, um die massive Diskriminierung und Bedrohung von Personen mit homosexueller Neigung in vielen Staaten zu überwinden?

Frage 41:
Welches sind die bedeutendsten Schritte, die unternommen wurden, um die Offenheit für das Leben und die Schönheit und menschliche Würde des Mutter- und Vaterwerdens, zum Beispiel im Licht von Humanae vitae des seligen Paul VI. zu verkünden und zu fördern? Wie kann der Dialog mit der biomedizinischen Wissenschaft und den entsprechenden Technologien vorangebracht werden, damit die menschliche Ökologie der Zeugung geachtet wird?

Kurzantwort:
Die übergroße Mehrheit der Katholikinnen und Katholiken Deutschlands hat die Lehre von Humanae vitae nie akzeptiert. Hauptziel dieser Enzyklika war es nicht, die Schönheit und Würde der Elternschaft zu verkünden, sondern jede Form der unmittelbaren Geburtenregelung zu verbieten.

Ausführliche Antwort:
Das Bewusstsein um die menschliche Würde des Mutter- und Vaterwerdens ist in den deutschen Kirchen weit verbreitet. In den kirchlichen Gemeinden sind Eltern mit Kindern hoch geachtet, Kinder sind gern gesehen. Viele Gemeinden unterhalten Kindergärten und versuchen, Eltern in ihrer täglichen, oft aufreibenden Sorge zu unterstützen.

Der Hinweis auf Humanae vitae weckt Erstaunen. Die Enzyklika Humanae vitae (1968) wurde in Deutschland nie wirklich rezipiert und in der Königsteiner Erklärung der Bischöfe Deutschlands (1968) durch den Hinweis auf den Stellenwert des persönlichen Gewissens entscheidend relativiert. Der neue Verweis auf dieses umstrittene Dokument nach 46 Jahren stößt bei der überwiegenden Mehrheit der deutschen Katholiken auf Unverständnis, da es eine jede Form direkter Geburtenregelung als Sünde verurteilt. Statt auf die Kernprobleme einer verantworteten Elternschaft hinzuführen lenkt es von den zentralen Fragen ab.

Über die modernen medizinischen Möglichkeiten und Technologien von Empfängnis und Empfängnisverhütung gibt es zwischen den einschlägigen Wissenschaften, ethischen Disziplinen und der Moraltheologie intensive Diskussionen. In den Gemeinden ist darüber ein kritisches Bewusstsein lebendig.

Frage 42:
Eine großzügige Elternschaft braucht Strukturen und Instrumente.
(1) Lebt die christliche Gemeinschaft eine effektive Solidarität und Subsidiarität? Wie?
(2)Ist sie mutig, wenn es darum geht, auch auf sozialpolitischer Ebene durchführbare Lösungen vorzuschlagen?
(3)Wie kann zu Adoption und Pflegschaften, als hohes Zeichen fruchtbarer Großzügigkeit, ermutigt werden?
(4) Wie kann die Sorge um und der Respekt gegenüber den Kindern gefördert werden?

Kurzantwort:
An sich steht die Elternschaft in Deutschland in hohem Ansehen, doch ökonomische Entwicklungen, die Struktur der Arbeitsverhältnisse und die notwendige Beschäftigung oft beider Elternteile schafft immer einen schweren Gegendruck. Stärker als bislang müssen die Kirchen dagegen ihre Stimme erheben und sich für sozialpolitische Gegenmaßnahmen einsetzen.

Ausführliche Antwort:
Die vorgelegte Frage versteht unter „großzügiger Elternschaft“ vermutlich die Bereitschaft von Ehepaaren, mehrere Kinder zu bekommen und zu erziehen. Diese Bereitschaft findet in deutschen Gemeinden keinen Widerstand, doch ist man sich der Tatsache bewusst, dass die Zahl der Kinder die finanzielle und menschliche Kapazität der zur Regel gewordenen Kleinfamilie nicht überschreiten sollte. Vor diesem Hintergrund wirkt das bloße Lob einer großen Kinderschar romantisch und naiv. Nur in diesem Bewusstsein lassen sich die Frage bzw. die Teilfragen sinnvoll beantworten. Zu Recht wird auf die Notwendigkeit von unterstürzenden „Strukturen und Instrumenten“ hingewiesen.

Teilfrage (1): In der Regel wird eine solche Solidarität und Subsidiarität gelebt. Sie ist nur sinnvoll und effektiv, wenn sie in Abstimmung mit den vorhandenen und unterstützenden staatlichen Institutionen (Kitas, Jugendämter) geschieht.

Teilfrage (2): Auf Bistums- und Gemeindeebene gibt es regelmäßig Kooperationen; sozialpolitische Initiativen werden lanciert.

Teilfrage (3): Viele Ehepaare sind zu Adoptionen und Pflegeschaften bereit. Allerdings könnten es mehr sein und die staatlichen Regelungen haben oft eine entmutigende Wirkung.

Teilfrage (4): In einer komplexen und zugleich reichen Arbeitsgesellschaft ist immer wieder auf den Segen zu verweisen, den Kinder für eine Gesellschaft bedeuten können.

Frage 43:
Der Christ lebt die Elternschaft als Antwort auf eine Berufung.
(1) Wird diese Berufung in der Katechese ausreichend hervorgehoben?
(2) Welche Wege der Bildung werden vorgeschlagen, damit sie tatsächlich das Gewissen der Eheleute leitet?
(3) Ist man sich der schweren Folgen des demographischen Wandels bewusst?

Kurzantwort:
In der Regel sind sich verantwortlich lebende Eltern vor Gott und dem Gewissen ihrer Verantwortung bewusst. Das Thema sollte in konkreten Fällen immer wieder angesprochen werden.

Ausführliche Antwort:
Eltern, die sich als engagierte Christinnen und Christen verstehen, nehmen die ihnen zugewachsene Aufgabe und Verantwortung in der Regel sehr ernst.

Teilfrage (1): Für die Altersgruppe der (jungen) Eltern gibt es in der Regel keine Katechese. In der übrigen Verkündigung sollte die Thematik nicht überschätzt werden. Von Seiten der geweihten Amtsträger vorgetragen wird sie schnell als Bevormundung wahrgenommen.

Teilfrage (2): Man kann Kurse einrichten, die fragenden Eltern psychologische, pädagogische und andere Sachgebiete nahebringen. Wichtig ist die Kooperation mit pädagogischen Einrichtungen (Kindergärten, Schulen).

Teilfrage (3): Für den deutschen Kultur-, Rechts-und Wirtschaftsraum spielt die Frage des demographischen Wandels nur eine untergeordnete Rolle.

Frage 44:
Wie bekämpft die Kirche die Plage der Abtreibung; und fördert sie eine wirksame Kultur des Lebens?

Kurzantwort:
Frauen und Paare mit entsprechenden Problemen müssen Hilfe und Solidarität erfahren. Ferner sind sie in ihrem Mut zu einer wohl verantworteten Gewissensentscheidung zu stärken.

Ausführliche Antwort:
Ähnlich wie die Gemeinden sollten insbesondere die Menschen im pastoralen Dienst auf betroffene Frauen bzw. Paare zugehen. Sie sollten ihnen
(a) ihr Verständnis, ihre uneingeschränkte Solidarität und Hilfestellung anbieten,
(b) ihnen Wege zu fachkundiger Beratung, etwa an psychologischen Beratungsstellen ebnen,
(c) sie gegebenenfalls auf die kirchlichen Beratungsstellen hinweisen.

Nicht zu vergessen sind in diesem Zusammenhang die Beratungsstellen von Donum vitae. Die Auseinandersetzungen um die Frage der Konfliktschwangerschaftsberatung zwischen römischen Instanzen und der katholischen Kirche in Deutschland sind vielen in lebendiger Erinnerung und sollten überwunden werden.
Die Arbeit von Donum vitae sowie die Aktivitäten anderer innerkirchlichen Institutionen bezeugen, dass zu dieser Frage in den Gemeinden ein lebendiges Bewusstsein herrscht.

Frage 45:
(1) Ihre erzieherische Sendung zu erfüllen ist nicht immer leicht für die Eltern: finden sie
in der christlichen Gemeinschaft Solidarität und Unterstützung?
(2) Welche Wege der Bildung sind vorzuschlagen?
(3) Welche Schritte sind zu unternehmen, damit die erzieherische Aufgabe der Eltern auch auf sozio-politischer Ebene anerkannt wird?

Kurzantwort:
Deutschland verfügt über ein gut ausgebautes Bildungssystem. Manche Eltern sind zu ermutigen, für die Bedürfnisse ihrer Kinder offen zu sein und sie im Rahmen des Möglichen zu unterstützen.

Ausführliche Antwort:
Teilfrage (1): In der Regel finden Eltern bei möglichen Schwierigkeiten die gebotene Unterstützung. Es gibt gut ausgebaute staatliche Beratungssysteme, denen auch christliche Eltern vertrauen können. Deshalb ist das Interesse an spezieller gegenseitiger Unterstützung nicht sehr ausgeprägt, wohl auch nicht notwendig.

Teilfrage (2): Deutschland verfügt über ein qualitativ gutes und sehr differenziertes Bildungssystem. Es gibt keinen Grund, aus religiösen Gründen bestimmte Bildungswege vorzuschlagen oder zu vermeiden.

Teilfrage (3): Entsprechende staatliche Regelungen in Steuerpolitik, Kindergeld, „Elternzeit“ oder der Möglichkeit, in Notfällen der Arbeit fernzubleiben, sind selbstverständlicher Gegenstand ständiger öffentlicher Diskussion.

Frage 46:
Wie kann bei den Eltern und in den christlichen Familien das Bewusstsein um die Pflicht der Weitergabe des Glaubens als der christlichen Identität innewohnende Dimension gefördert werden?

Kurzantwort:
Die offizielle Kirche muss endlich bereit sein, ihre hochkomplizierte und kaum verständliche Glaubenssprache aufzugeben. Nur so bekommen viele Eltern wieder den Mut mit ihren Kindern über den christlichen Glauben zu sprechen.

Ausführliche Antwort:
Bei dieser Frage werden oft Ursachen und Wirkungen verwechselt; in jedem Fall stehen der faktische Glaubensverlust und das Verstummen vieler Eltern in Fragen des christlichen Glaubens in einem Wechselverhältnis.

Die schwerwiegenden Probleme der Glaubensvermittlung ergeben sich einerseits aus vielen Phänomenen der Säkularisierung, andererseits aus der Unfähigkeit derer, die den Glauben verkünden, eine angemessene Sprache zu finden. Ein wichtiger Grund für diesen Mangel liegt in der Tatsache, dass der offizielle Glaube immer noch in einem mittelalterlichen Sprachgewand weitergegeben wird.

Umso dringender ist es, aktive Gemeindemitglieder, die das Vertrauen der Gemeinde genießen, zur Glaubensverkündigung zuzulassen und die vielfältigen Stimmen einer Gemeinde, auch die fragenden und kritischen, als Ausdruck des christlichen Glaubenssinns ernst zu nehmen. Nur auf diesem Weg lässt sich das Bewusstsein stärken, dass die Weitergabe des Glaubens zur Identität des Christseins gehört.

12.03.2015, am 31.03. 2015 auf Website von Wir sind Kirche veröffentlicht

Letzte Änderung: 13. Juli 2017