Der hoffnungsvoll begonnene Synodale Weg bewegt sich auf drei Zwickmühlen zu, die ihn im Laufe der Monate zermahlen könnten: die Deutung der Krise, die Dimension Reformen und die Klärung der Rollen.
1. Ein Schlüsselwort unserer Krise lautet: Verlust der Glaubwürdigkeit. Sie kehrt nicht zurück, indem disziplinierter gehandelt, genauer kontrolliert und ein gewinnendes Verhalten antrainiert wird. Wir benötigen gegenseitigen Respekt, den Geist glühender Freiheit und eine neue Glaubenssprache. So gesehen zeigen sich Missbrauch und Vertuschung als die besonders hässlichen Symptome einer autoritären Vergangenheit. Eine neue Ordnung setzt die Bekehrung der Herzen voraus. Ist das in zwei Jahren zu schaffen?
2. Wo sollen die Reformen beginnen und wo hören sie auf? Die vier Foren setzen nur vier Akzente. Denn im Blick stehen alle Schlüsselstationen, die unsere Kirche seit dem 4. Jahrhundert durchlaufen haben. Sie alle haben ihre Spuren in einer Entwicklung hinterlassen, die mit dem 20. Jahrhundert zu Ende ging. Hierarchische Macht wurde zum Kennzeichen der Kirchenstruktur, die Frau zum Symbol auswegloser Unterwerfung, die Sexualität zur großen Konkurrentin des Heiligen, und das Verhältnis der Geschlechter zum wirksamen Kontrollinstrument des Volkes. Die archaische Macht dieser Dispositive wird heute als unchristlich erkannt und zwingt uns im Licht des Evangeliums zu einem Befreiungsschlag.
3. Treibt uns diese Aufgabe nicht in ein unüberwindliches Dilemma? Zwar ermutigen uns die unzerstörbaren jesuanischen und unwiderlegbaren emanzipatorischen Impulse zu diesem Durchbruch, doch droht sie am Beharrungsvermögen unserer Geschichte zu scheitern, die wir gerne „Tradition“ nennen. Natürlich lässt sich nicht über Nacht die ganze Kirchengeschichte umkrempeln. Aber durchsetzen lassen sich ein Bewusstsein vom gewaltigen Umfang der Erneuerung, eine verbindliche Vision für die Zukunft und einige Grundentscheidungen, die eine neue Wegrichtung markieren. Doch das kann nur unter einer Bedingung gelingen: Auch die Bischöfe lassen sich konstruktiv auf dieses Projekt ein. Pauschale Argumente (Zeitgeist, Traditionsmangel oder Kirchenspaltung) sollten verschwinden, stattdessen die offensichtlichen Desiderate der Gegenwart besprochen werden. Die Krise lebt nicht davon, dass die „Fortschrittlichen“ geheiligte Traditionen über Bord werfen, sondern dass die Traditionshüter keine überzeugenden Brücken mehr in unsere Gegenwart schlagen. Wer Traditionsmangel beklagt, sollte sich fragen, warum er sie nicht mehr vergegenwärtigen kann.
Ich hoffe noch immer, dass allen an diesem Projekt Beteiligten ein konstruktiver Dialog gelingt. Aufgabe des Geistes wird dabei sein, zu beugen, was verhärtet und zu wärmen, was erkaltet ist. Doch die konkreten Antworten, die wir als Christen gemeinsam suchen, müssen wir dann schon selber finden.